Die polizeiliche Räumung des von Studenten besetzten Audimax der Universität Hamburg am Tag vor Heiligabend hat ein juristisches Nachspiel.

Hamburg. Während die im Gebäude verbliebenen Protestler das Hörsaalgebäude weitgehend ruhig verlassen hatten, wurde der von außen hinzu geeilte Student Daniel Amon (28) festgenommen und auf das Revier gebracht. Nun hat der Student die Polizisten wegen Körperverletzung angezeigt.

"Es wurde eine interne Ermittlung gestartet", bestätigte ein Sprecher der Innenbehörde dem Abendblatt. Allerdings hat auch die Polizei ihrerseits den Studenten angezeigt: "Gegen Herrn Amon liegt eine Anzeige wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt vor", sagte ein Sprecher der Polizei. Nun steht Aussage gegen Aussage. Auflösung könnte ein polizeiliches Videoband bringen: "Es gibt Material, das in die Ermittlungen einfließen wird", hieß es.

Fest steht: Ärzte diagnostizierten bei dem Studenten einen gebrochenen Zahn, eine Gesichtsprellung, Kopfschmerzen und Schwindel - so lautet das Ergebnis einer Untersuchung am zweiten Weihnachtstag, das dem Abendblatt vorliegt.

Nach Aussage von Daniel Amon sei er morgens, kurz nach sieben Uhr, zur Räumung gekommen und habe zwischen der anwesenden Präsidentin Gabriele Löschper und den Besetzern vermitteln wollen. Die Präsidentin habe dieses Gespräch jedoch abgelehnt, woraufhin ein Polizist dem Studenten einen Platzverweis erteilte und seine Personalien verlangte. "Daraufhin wollte ich dem Verweis nachkommen. Nie habe ich diesen missachten wollen. Aber ich war frustriert und wollte mir eine Zigarette anstecken. Das verbot mir der Polizist. Ich widersetzte mich dem Verbot und hatte bereits eine Zigarette im Mund und wollte diese anzünden", sagt Daniel Amon.

"Völlig überraschend" habe er zwei Schläge im Gesicht gespürt, Blut sei aus seiner Nase geschossen, wenig später habe er kurz das Bewusstsein verloren. Aufgewacht sei er, als sich "sechs bis acht" Polizisten auf ihn geworfen, ihm die Luft abgedrückt und ihn mit "viel zu fest" gezogenem Kabel gefesselt hätten. Daraufhin sei er auf die Wache gebracht worden, habe 45 Minuten in einer Zelle ohne Heizung gesessen. Danach sei er jedoch "überraschend schnell" freigelassen worden. Das Erlebnis habe ihn traumatisiert, sagt der Student. Noch immer spüre er das Druckgefühl im Brustkorb.

Wie aus seinem Internet-Blog hervorgeht, hatte Amon bereits vor der Räumung des Audimax Gespräche mit dem Uni-Präsidium geführt und für eine friedliche Lösung plädiert. So kritisierte er, dass viele der Protestler nicht mehr an inhaltlichen Forderungen interessiert seien - und warf einigen Besetzern sogar vor, eine polizeiliche Räumung zu provozieren. "Niemand würde auch nur mit dem Gedanken einer Räumung spielen, wenn es statt Edding-Tags (Malereien an der Wand, d. R.) mal Ergebnisse von Arbeitsgruppen geben würde", schrieb er. Seine Einschätzung vor dem Tag der Räumung: Das Ende der Aktion sei nah.

In Polizeikreisen wird das Verhalten des Studenten an jenem Morgen anders geschildert. Mit den Worten "Ich verhandele nicht mit Clowns" habe dieser Zugang zum Audimax verlangt. Ein Polizist habe ihn schließlich zur Präsidentin geführt. Als diese das Gespräch ablehnte, habe der Student einen Platzverweis erhalten. Bei der Personalienkontrolle habe Daniel Amon nur einen Führerschein vorgelegt und zudem darauf bestanden, eine Zigarette zu rauchen. Die Polizisten hätten dies nicht gestattet - dennoch habe der Student ein Feuerzeug gezückt, woraufhin ein Polizist ihn am Arm gepackt habe. Dadurch sei eine "Rangelei" entstanden. Wer allerdings mit Schlägen ins Gesicht angefangen hat - der Student oder eben die Polizei - darüber herrscht offenbar Unklarheit.

Daniel Amon beteuert, nicht tätlich geworden zu sein. "Erstens sehe ich keinen Sinn darin, Polizisten anzugreifen, die lediglich ihre Arbeit machen. Und zweitens bin ich nicht so bescheuert, mich mit einer ganzen Truppe Polizisten mit Helmen und Schlagstöcken anzulegen." Der Student hofft nun auf weitere Zeugen. Und das Video der Polizei. "Wer das sieht, wird keine Fragen mehr haben." Das Audimax war nach wochenlanger Besetzung geräumt worden. Die Protestler kündigten weitere "kritische und kreative" Aktionen für 2010 an.