Hamburg und Berlin leiden unter politisch motivierter Kriminalität. Christoph Ahlhaus (CDU) und Ehrhart Körting (SPD) wollen kooperieren.

Hamburg. Mehr als 500 ausgebrannte Autos, Angriffe auf Polizeibeamte, Bastelanleitungen für Brandbomben: Im Kampf gegen den Linksextremismus haben die gleichermaßen betroffenen Großstädte Hamburg und Berlin eine engere Kooperation angekündigt. Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) und sein Berliner Amtskollege Ehrhart Körting (SPD) wollen über Parteigrenzen hinweg beraten, wie sie dem Problem Herr werden können. Das hatte Ahlhaus bereits im Abendblatt angekündigt. In der "Welt am Sonntag" konkretisierten die Senatoren ihre Pläne.

138 Brandstiftungen mit 216 beschädigten Fahrzeugen gab es im laufenden Jahr in Hamburg. Die Innenbehörde geht davon aus, dass rund 20 Prozent der Taten einen politischen Hintergrund haben. Die Berliner Behörden zählten 143 mutmaßlich linksextremistische Anschläge. 290 Fahrzeuge wurden dabei beschädigt oder vollkommen zerstört. Um einen Gesamtüberblick über die Hintergründe der Taten zu erhalten, wollen Körting und Ahlhaus zunächst einmal ein gemeinsames Lagebild erstellen lassen. Ahlhaus, der sich bereits mehrfach für höhere Strafen bei Attacken auf Polizisten, Feuerwehr und Rettungskräfte ausgesprochen hat, fordert deutliche Signale aus der Gesellschaft, "dass die Bürger hinter ihren Polizeibeamten stehen". Körting sagt hingegen: "Wir müssen keine neuen Gesetze schaffen, sondern die vorhandenen konsequent nutzen.

Die linksextremistische Szene in Berlin wird auf etwa 2000 Personen geschätzt. Seit dem G8-Gipfel sei die Szene gewaltbereiter geworden. Körting gibt auch der schwarz-gelben Bundesregierung eine Mitschuld am offensichtlichen Anstieg linker Gewalt: "Was da jetzt bei der Steuergesetzgebung von der Regierung geplant wird, ist Wasser auf die Mühlen des Extremismus." Das sieht Ahlhaus anders: Eine gewaltbereite linksautonome Szene habe es schon immer gegeben, "egal, wer gerade die Regierung gestellt hat".

Die Tat am Polizeikommissariat 16 an der Lerchenstraße hat auch den Berliner Senator erschreckt: "Teile der linksextremistischen Szene, die solche Taten wie in Hamburg begehen, sind nicht besser als Neonazis. Dahinter steht die gleiche Menschenverachtung." Was Ahlhaus darüber hinaus Sorgen bereitet, ist der Event-Charakter bestimmter Tage und Ereignisse wie 1. Mai oder Schanzenfest: "Wir haben gewaltorientierte junge Menschen, die sich bei bestimmten Ereignissen mit den Extremisten solidarisieren. Das reicht zum Teil bis in die bürgerlichen Schichten." Beide Senatoren halten eine Videoüberwachung zur Verhinderung von Brandanschlägen für nicht praktikabel. Die Polizei könne die Fülle der Informationen gar nicht auswerten, sagt Körting. Ahlhaus verweist darauf, dass die Brandanschläge auf Autos sich im gesamten Stadtgebiet ereignet haben.

Auch der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Heinz Fromm, sieht eine deutlich steigende Gewalt in der linksextremistischen Szene in diesem Jahr. Im "Bericht aus Berlin" (ARD) sagte Fromm mit Blick auf jüngst in einem Blatt der autonomen Szene veröffentlichte Brandbomben-Bauanleitungen: "Wenn man nun bei Anschlägen, die vorbereitet sind, in Kauf nimmt, dass auch Menschen zu Schaden kommen, etwa durch Brandsätze oder durch selbst gebastelte Sprengsätze, dann hätte das in der Tat eine andere Qualität. Anhaltspunkte für terroristische Strukturen sieht Fromm - ebenso wie die Senatoren Ahlhaus und Körting - bislang nicht.