Gebetsruf dürfe aber nur einmal pro Woche und nicht zu laut ertönen. Und Nachbarn müssten einverstanden sein.

Ein Muezzin-Ruf über St. Georg? Die Hamburger Bischöfin Maria Jepsen könnte sich das durchaus vorstellen. Das sagte sie in einem Gespräch mit der Deutschen Presseagentur (dpa). Vor Kurzem war bekannt geworden, dass die Centrum-Moschee in der Innenstadt darüber nachdenkt, ihren Muezzin regelmäßig zum Freitagsgebet rufen zu lassen.

Ihre Zustimmung knüpft Jepsen allerdings an enge Bedingungen. So soll der Ruf nicht häufiger als einmal pro Woche erschallen und zurückhaltend in der Lautstärke sein. "Wenn er nicht mit großen Lautsprechern übertragen würde, glaube ich, würde ein Ruf zum Freitagsgebet nicht unbedingt stören", sagte die Bischöfin. "Er würde deutlich machen: Die Muslime sind auch hier bei uns, sie verstecken sich nicht, sie geben ein Zeichen." Vor allem aber müssten die Bewohner des Stadtteils einverstanden sein. "Es müsste sehr ausführlich mit ihnen beraten werden", sagte Maria Jepsen. Das sensible Miteinander dürfe nicht zerstört werden.

Sie sei froh, dass sich nicht evangelische Religionsgemeinschaften in Hamburg nicht mehr "in den Hinterhöfen verstecken müssen". In der Hansestadt gebe es Synagogen und Moscheen, auch mit Minaretten, Gebetshäuser, Tempel und Logen. Sie könne sich nicht vorstellen, dass die Menschen in Hamburg für ein Minarett-Verbot stimmen würden, wie es gerade in der Schweiz geschehen sei. "Wenn so etwas aufkäme, würden wir es sicher im Interreligiösen Forum miteinander bereden", sagte Jepsen. Was in dem im Jahr 2000 gegründeten Gesprächskreis an Integrationsarbeit im religiösen Bereich geleistet werde, würde manchmal "gar nicht so richtig wahrgenommen".

Schon die Reaktionen auf die Terroranschläge am 11. September 2001 seien ein deutliches Zeichen gewesen. "Die Drahtzieher kamen aus Hamburg", sagte die Bischöfin. "Es hat keine große Unruhe gegeben, weil wir das Gespräch miteinander geführt haben und nicht einfach pauschalisiert haben: Das sind die Muslime." Stattdessen träfen sich die verschiedenen Religionsgemeinschaften regelmäßig im Interreligiösen Forum - von den Kitas bis zur Universität - und versuchten, nachbarschaftlich zu leben. Das sei ein wichtiger Beitrag. "Wenn wir als Verantwortliche Wege des Miteinanders suchen, ist schon sehr viel erreicht."

Mit großer Sorge beobachtet Maria Jepsen die Bestrebungen der Katholiken und einiger Muslime in der Stadt, das Modell des Religionsunterrichts zu hinterfragen. Im Gegensatz zu anderen Ländern gibt es in Hamburg einen "Religionsunterricht für alle". Dort werden Schüler nicht nach Konfessionen getrennt, die Lehrpläne werden mit allen Religionsgemeinschaften gemeinsam abgestimmt. Gerade Kinder und Jugendliche müssten im Gespräch bleiben und gegenseitigen Respekt lernen, so die Bischöfin. "Wir werden uns sehr anstrengen, den Religionsunterricht beizubehalten. Ich gehe davon aus, dass dieses Modell nicht leichtsinnig aufgegeben wird." Anderenfalls drohe der Religionsunterricht geschwächt zu werden. "Das könnte dazu führen, dass wir in einer Klasse zwölf verschiedene Religionsgemeinschaften haben, die alle ihren eigenen Unterricht fordern."