Was ist in dieser Woche nicht alles zum Thema Nichtraucherschutzgesetz geschrieben worden. Da war von rauchenden Köpfen in der CDU- und GAL-Fraktion die Rede, von blauem Dunst, der den klaren Durchblick in der Koalition beeinträchtigt hat, und schließlich von Friedenspfeifen, die in der schwarz-grünen Regierung geraucht werden könnten. Abseits all dieser Plattitüden hatten Hamburgs Politiker in Sachen Rauchen oder eben Nichtrauchen aber tatsächlich Wichtiges zu entscheiden. Es ging um viel dabei. Sowohl für die Politiker als auch für die Hamburger.

Um was genau geht es aber bei diesem Gesetz tatsächlich? Es geht nicht, wie immer wieder von den Gegnern beschworen, um den Versuch von "militanten Nichtrauchern", den Rauchern Vorschriften zu machen, sie zu gängeln und ihnen selbst "diese kleine Freude" madig zu machen. Es geht bei dem Gesetz ausschließlich um den Schutz der Nichtraucher.

Auch, wenn viele Raucher es weder hören noch wahrhaben wollen: Tabakrauch kann für Passivraucher erhebliche gesundheitliche Beeinträchtigungen, Gefährdungen und Schädigungen hervorrufen. Das Gleiche gilt natürlich auch für Raucher. Die müssen und können aber selbst entscheiden, ob sie das Risiko eingehen wollen - bei jedem Zug an ihrer Zigarette. Eine Chance, die Nichtraucher nicht haben, wenn sie dem Rauch des Tischnachbarn ausgesetzt sind.

Es geht um Politik, nicht um einfache Lösungen

Im Rathaus und in einer Koalition geht es aber selten um die einfachste und klarste Lösung. Es geht um Politik. Und sobald die ins Spiel kommt, wird die Sache schwierig. Da geht es plötzlich um Kompromisse, um Lobbyarbeit, um Wählergunst, um Gesichtswahrung. Wie der aktuelle Fall zeigt. Auf der einen Seite ist die GAL. Die will ein absolutes Rauchverbot. Seit Monaten lehnten die Hamburger Grünen Kompromissvorschläge des Koalitionspartners rigoros ab, ließ die CDU regelrecht auflaufen. Nicht ohne Genugtuung berichten GAL-Kreise davon.

Was die CDU wollte, wusste sie in den vergangenen Monaten zwar nicht, aber was sie nicht wollte, das wusste die Fraktion: ein absolutes Rauchverbot. Die Fraktion? Na ja, ganz so einfach ist das nicht. Ausgerechnet der gesundheitspolitische Sprecher Harald Krüger will dies schon. Das ist aber seine private Meinung.

Die ist in seiner Fraktion aber nicht mehrheitsfähig. Warum Krüger so denkt? Er hat den Experten zugehört. Bei einer Anhörung im Frühjahr 2009 vor dem Gesundheitsausschuss der Bürgerschaft mit Rechtsexperten, Gesundheitsexperten und Mitgliedern des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) war neben der Gesundheitsfrage eines ganz deutlich geworden: Nur das absolute Rauchverbot bringt Rechtssicherheit. Und die will Krüger. Das Problem nach Ansicht von Verwaltungsrechtlern: Ausnahmen - auch solche, wie sie jetzt ausgehandelt wurden, also der Kompromiss rauchen oder essen - könnten Wirte dazu verleiten, mit dem Hinweis der Ungleichbehandlung vor einem Verwaltungsgericht zu klagen.

Wie zuletzt beim Urteil des Bundesverfassungsgerichtes könnte das Gericht die neue Regelung wieder einkassieren. Die Politiker müssten also erneut nacharbeiten und das Thema und das Gesetz wieder auf die Tagesordnung holen. Klagt ein Wirt mit Inkrafttreten der Gesetzesänderung im Januar 2010, könnte das in Hamburg exakt mit dem nächsten Bürgerschaftswahlkampf 2011 zusammenfallen. Eine unangenehme Situation für die Parteien. Wer wird schon gerne mit seinen eigenen Fehlern konfrontiert, wenn er um die Wählergunst buhlt?

Die Koalition braucht nicht noch eine Baustelle

Das Faszinierende ist: Dies alles wissen die Abgeordneten. Sowohl CDU-Fraktionschef Frank Schira als auch Harald Krüger haben ihre Fraktion auf dieses Risiko hingewiesen. Frank Schira sagte, man müsse auch lernen, diese Risiken "zu ertragen".

Sogar mehr als das wird wohl nötig sein. Hinter vorgehaltener Hand geben Hamburgs Politiker klar und deutlich zu, dass sie fest davon ausgehen, dass es Wirte geben wird, die vor Gericht ziehen werden. Weil ein Kompromiss es eben "nicht allen recht machen" kann. Erschreckend ist die Reaktion der Volksvertreter, die dann kommt: Schulterzucken. Man könne es eben nicht ändern, und alles andere sei halt nicht mehrheitsfähig.

Den Hinweis, dass "aus Europa" ja auch noch "was kommt", gibt's dann gratis dazu. In der Europäischen Union laufen derzeit Vorbereitungen im Sinne des Arbeitsschutzes, ein europaweit gültiges, absolutes Rauchverbot in der Gastronomie einzuführen.

Das könnte nach derzeitigem Stand wohl im Jahr 2011 in Kraft treten. Alle Länderregelungen wären dann obsolet. Und dann können sich Hamburgs Politiker zurücklehnen, wieder mit den Schultern zucken und ihren Wählern sagen: "Wir können ja nichts dafür. Das ist nun mal eine Entscheidung aus Brüssel." Und so vermeintlich ihr Gesicht wahren.

Wohl auch ein Grund, warum nach monatelangem Hin und Her, nach aussichtslos scheinenden Verhandlungen zwischen CDU und GAL plötzlich am Mittwoch doch alles ganz schnell ging. Die Koalitionäre haben seit dem erfolgreichen Volksbegehren zur Schulreform anderes zu tun. Noch eine Baustelle kann sich keine der beiden Fraktionen leisten. Da hieß es Augen zu und durch und eigene Befindlichkeiten hinten anstellen. Zumindest bei diesem Thema sollte der sprichwörtliche weiße Rauch über dem Rathaus aufsteigen.