CDU-Senator stellt Rechtsanspruch für Zweijährige infrage. Scharfe Kritik kommt von Wohlfahrtsverbänden.

Kommt der Rechtsanspruch für Zweijährige auf einen Kita-Platz doch nicht? Oder zumindest noch nicht wie geplant 2010? Sozialsenator Dietrich Wersich (CDU) hat angesichts der Sparbemühungen des Senats erstmals durchblicken lassen, dass er sich einen Verzicht auf die Maßnahme vorstellen kann. "Es gibt noch keine Beschlüsse und noch keine Sparlisten", sagte er am Freitag, "aber es gibt auch keine Tabus." Sein Ziel sei es, den Sozialhaushalt - mit 2,4 Milliarden Euro der größte Einzeletat aller Behörden - zumindest nicht weiter anwachsen zu lassen. Da 83 Prozent seiner Ausgaben aber gesetzliche Leistungen sind und im Zuge der Wirtschaftskrise unweigerlich um gut 300 Millionen Euro pro Jahr steigen werden, müsse an anderer Stelle gespart werden. Und die Einführung des Rechtsanspruchs für Zweijährige sei eine freiwillige Leistung, die Kosten von etwa 15 Millionen Euro pro Jahr verursache.

Vorstellen kann sich der CDU-Politiker auch, etwa die Zuschüsse für Mittagessen in den Kitas von 60 Cent auf einen Euro pro Tag zu erhöhen. Das brächte sieben Millionen Euro zusätzlich. Auch die seit Jahren unveränderten Elternbeiträge für Kitaplätze müssten angesichts steigender Kosten der Kitas überdacht werden, so der Sozialsenator.

Um Steuerausfälle infolge der Finanzkrise auszugleichen, muss Hamburg bis 2013 sechs Milliarden Euro an Krediten aufnehmen. Die Zinsen dafür, anfangs etwa 100 Millionen Euro pro Jahr, später bis zu 300 Millionen, sollen in den laufenden Haushalten eingespart werden. Am Dienstag wird die neue Steuerschätzung für Hamburg vorgestellt, zumindest Teile des Sparpakets sollen am 26. November verabschiedet werden.

Wersich sagt, er wolle die Sparmöglichkeiten im Gespräch mit den Wohlfahrtsverbänden auslosten. Das stoße bei den Trägern auf Entgegenkommen. Völlig im Gegensatz dazu haben diese ihn am Freitag scharf kritisiert. Die zehn sogenannten "goldenen Regeln" eines Strategiepapiers aus seinem Hause seien "faktisch eine Aufforderung zu massiven Eingriffen", sagte Diakoniechefin Annegrethe Stoltenberg, Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (AGFW). "Vor allem die Beschränkung von gesetzlichen Ansprüchen oder den Aufbau von Hürden bei der Inanspruchnahme von gesetzlichen Leistungen können wir nicht akzeptieren."

SPD-Sozialexperte Dirk Kienscherf erhob schwere Vorwürfe: "Sozialsenator Wersich spielt den Anwalt der Armen und Hilfsbedürftigen. In Wahrheit lässt er diese Menschen gnadenlos im Stich. Das ist asozial."