Die GAL will Rauchen in allen Kneipen untersagen, die CDU nur in Speiselokalen. Das zähe Ringen um einen Kompromiss.

Hamburg. Es kracht in der schwarz-grünen Koalition, und zwar gewaltig. Grund ist die anstehende Entscheidung über das Nichtraucherschutzgesetz. Nachdem interne Gespräche und Einigungsversuche zwischen CDU- und GAL-Fraktion ergebnislos gescheitert sind, haben sich die Hamburger Grünen jetzt öffentlich für ein absolutes Rauchverbot ausgesprochen. Eine Position, die in der CDU derzeit nicht mehrheitsfähig ist. Ende der Woche soll nun auf Senatsebene ein Kompromiss gesucht werden. Und die Zeit drängt: Bis zum 31. Dezember muss die Bürgerschaft nach Vorgabe des Bundesverfassungsgerichtes das bestehende Nichtraucherschutzgesetz ändern. Ansonsten ist das Rauchen in Hamburg ab dem 1. Januar 2010 wieder komplett freigegeben. Und zumindest darin sind sich die Koalitionäre einig: Das will niemand.

Jens Kerstan, Chef der GAL-Bürgerschaftsfraktion, begründet seine Position so: "Ein absolutes Rauchverbot in Hamburgs Gaststätten ist für uns nach wie vor die einzig vernünftige Lösung, die auch vor Gericht Bestand haben wird." Das habe auch die CDU im Saarland erkannt und im dortigen Koalitionsvertrag gemeinsam mit FDP und Grünen das absolute Rauchverbot verankert. Die Hamburger Grünen haben diese Linie bei ihrer Landesmitgliederversammlung am Wochenende ebenfalls noch einmal einstimmig bekräftigt. Das Gespräch mit der CDU beschrieb Kerstan als "schwierig" und "eher zäh". Die GAL habe nicht vor, von ihrer Position abzuweichen. Das habe sie auch in den vergangenen Wochen und Monaten nicht. Sämtliche Kompromissvorschläge der CDU habe die GAL bisher abgelehnt.

Jetzt hat CDU-Gesundheitsexperte Harald Krüger ein Problem. Persönlich hat er sich zwar stets für ein absolutes Rauchverbot ausgesprochen. Dafür bekommt er nach eigenen Aussagen derzeit aber keine Mehrheit in der Fraktion. Der Kompromissvorschlag, den die CDU gestern der GAL angeboten hat, lautet auf eine kurze Formel zusammengefasst: entweder rauchen oder essen. Wirte mit einer Einraumkneipe müssen sich entscheiden: Entweder dürfen ihre Gäste rauchen - dann dürfen aber auch keine Speisen angeboten werden. Gibt es etwas zu essen, gilt Rauchverbot. Als Speisen zählen nach Willen der CDU Frikadelle, Bockwurst und Kartoffelsalat genauso wie ein Drei-Gänge-Menü.

Um den Grundsatz der Gleichbehandlung zu wahren, würde diese Regel dann auch für Wirte gelten, die mehrere Gasträume zur Verfügung haben. Wird einer der beiden Räume - das muss nach Willen der CDU der kleinere Raum sein - zum Raucherraum gemacht, gilt im kompletten Gastronomiebetrieb Essensverbot. Selbst bei getrennten Räumen sollen sich die Wirte auf eine Variante festlegen. Diese Ausnahmeregelung hätte nachhaltige Konsequenzen auch für die bisherigen Raucherklubs, Vereinsheime und Festzelte, für die bisher Sonderregelungen möglich waren. Auch hier müsste sich der Wirt künftig entscheiden: entweder rauchen oder essen.

Eine der härtesten Gegner eines absoluten Rauchverbotes in der CDU-Fraktion ist Barbara Ahrons - selbst Nichtraucherin. "Ich will den Menschen nicht die freie Entscheidung nehmen, ob sie in eine Raucherkneipe gehen wollen oder nicht", sagte sie dem Abendblatt. Zudem hätten Hamburgs Nachbarländer Ausnahmeregelungen. Sie plädierte dafür, sich mit den Nachbarn auf eine einheitliche Lösung im Norden zu einigen.

Linda Heitmann, Gesundheitsexpertin der GAL-Fraktion denkt über solche Grenzen hinaus. "In nahezu allen europäischen Ländern gilt ein absolutes Rauchverbot", so Heitmann. Erste positive Folgen für die Gesundheit seien messbar. Hingegen gebe es noch immer keine belastbaren Zahlen zu Umsatzrückgängen in der Gastronomie durch ein Rauchverbot. "Vor diesem Hintergrund sollten auch die Bundesländer so vernünftig sein, absolute Rauchverbote zu beschließen."

Am 1. Januar 2008 war das Nichtraucherschutzgesetz in Hamburg in Kraft getreten. Seit einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Juli 2008, wonach einige Ausnahmen in dem Gesetz verfassungswidrig sind, wurde das Rauchen in Kneipen unter bestimmten Bedingungen wieder erlaubt. Bis Ende 2009 - so die Vorgabe des Gerichts - muss das Gesetz jetzt reformiert werden. Ein absolutes Rauchverbot ist vom Gericht ausdrücklich für zulässig erklärt worden.