Die Einführung der sechsjährigen Primarschule ist das wichtigste Reformprojekt, das sich die schwarz-grüne Koalition im Hamburger Rathaus vorgenommen hat. Mehr noch: Erfolg oder Misserfolg der Reform entscheidet über Wohl oder Wehe dieses ungewöhnlichen und bundesweit einmaligen Bündnisses.

Es geht also um viel, wer wollte das bestreiten. Da wundert es nicht, wenn der Ton und die Vorgehensweise auf den letzten Metern rauer werden. Das Hau-ruck-Verfahren, mit dem Schwarz-Grün die Reform nun in der Bürgerschaft durchziehen will, stellt das Tempo über die Qualität der Gesetzesberatung. Das ist ein Webfehler. Und umgekehrt: Manch schriller Ton aus dem Lager der Kritiker schießt weit über das Ziel hinaus.

Dennoch: Schulsenatorin Christa Goetsch von der GAL ist mit dem heutigen Tag fast am Ziel angelangt. Fast. Denn nun stehen nur noch das Volksbegehren und bei dessen Erfolg der Volksentscheid gegen die Primarschule dem Erfolg des Projekts im Wege. Das Volk in letzter Instanz entscheiden zu lassen hat auch sein Gutes. Der Makel der Reform, dass sie in keinem Wahlprogramm stand und die Wähler somit nie über sie abgestimmt haben, kann nun im Nachhinein geheilt werden.

Niemand muss sich im Prinzip vor sechs Jahren des gemeinsamen Lernens fürchten. In vielen europäischen Staaten ist das längst Praxis. Gleichwohl gibt es keinen sicheren wissenschaftlichen Beweis für die Überlegenheit der Primarschule. Wenn von Ende Oktober bis Mitte November die Zeichnungsfrist für das Volksbegehren läuft, so ist zu hoffen, dass eine sachliche Debatte über die einschneidende Reform möglich ist. Die Koalitionäre von CDU und GAL haben eine wichtige Zusage gegeben: Sie werden das Votum der Bürger akzeptieren, wenn es zum Volksentscheid kommt.