Sollte Schwarz-Gelb gewinnen, werden dem Arbeitsminister Ambitionen nachgesagt. CDU fürchtet Beust-Wechsel nach Berlin.

Hamburg. Es war nur eine kleine Geste, aber mit großer Symbolkraft: Unmittelbar vor dem Auftritt des SPD-Kanzlerkandidaten Frank-Walter Steinmeier sprach bei der zentralen Wahlkampfkundgebung in der HafenCity am Mittwoch Bundesarbeitsminister Olaf Scholz. Scholz, der sich erneut um das Direktmandat im Wahlkreis Altona bewirbt, war es auch, der mit Steinmeier zuvor den umjubelten Einzug hielt.

In einer Partei, die nach wie vor so sehr auf Kleiderordnung achtet wie die SPD, wäre es eigentlich die Aufgabe des Landesvorsitzenden Ingo Egloff gewesen, Steinmeier in Hamburg willkommen zu heißen. Da sich auch Egloff um ein Bundestagsmandat bemüht - im Wahlkreis Wandsbek -, wäre ein wenig Glanz von Steinmeier auch auf ihn gefallen. Stattdessen legte sich Scholz mächtig ins Zeug. "Das war keine Aufwärmrede für Steinmeier", sagte hinterher ein Parteifreund, der es wissen muss. Nur: Wenn das keine Aufwärmrede war, was war es dann?

Es war eine Art Bewerbungsrede. In der Hamburger SPD gilt es inzwischen als ausgemacht, dass Scholz nach der Bundestagswahl eine starke Rolle im Landesverband spielen will und wird. Das trifft in erster Linie für den durchaus wahrscheinlichen Fall zu, dass die SPD nach der Bundestagswahl in der Opposition landet und Scholz sein Ministeramt verliert. In den vergangenen Jahren hatte sich der Arbeitsminister, der zu den Top-Genossen in Berlin zählt, lediglich auf seinen Wahlkreis Altona konzentriert.

Wie es in der Hamburger SPD weitergeht, hängt nicht zuletzt vom Ergebnis der Bundestagswahl ab. Und die Messlatte liegt hoch: 2005 holte die SPD in allen sechs Wahlkreisen die Direktmandate. Diesmal gelten drei Wahlkreise als gefährdet: Eimsbüttel, Nord und Wandsbek.

Sollte die SPD nur noch drei oder vier Direktmandate in Hamburg gewinnen, würde sich der Druck auf Landeschef Egloff erhöhen. Noch in dieser Woche haben sich zwar die mächtigen sieben Kreisvorsitzenden und der Landesvorstand in die Hand versprochen, die alten Flügelkämpfe und das Chaos der vergangenen Jahre nicht wieder ausbrechen zu lassen - egal, wie das Ergebnis auch aussieht.

Ein Ziel eint die Genossen: 2012 soll endlich wieder ein Sozialdemokrat Erster Bürgermeister sein. Doch im schlimmsten Wahl-Fall gelten die Schwüre schnell nichts mehr. Scholz, der in Hamburg bereits von 1999 bis 2004 Parteichef war, werden Ambitionen auf den Landesvorsitz nachgesagt. Das muss nicht sofort einen Machtkampf bedeuten: Parteichef Egloff ist ein loyaler Scholz-Mann, dem zugetraut wird, zugunsten des Altonaers auf den Parteivorsitz zu verzichten.

Während es in der Hamburger SPD spannend wird, wenn die Bundestagswahl schlecht läuft, ist es bei der CDU genau umgekehrt. Nur für den Fall, dass Kanzlerin Angela Merkel eine schwarz-gelbe Koalition bilden kann, käme überhaupt in Betracht, dass Bürgermeister Ole von Beust nach Berlin geht - als Umweltminister. Als Gerücht existiert diese Variante seit Monaten. Der Verlust des Sympathieträgers wäre für die Elb-Union eine Art GAU. Gerade in der jetzigen Lage mit dem angeschlagenen Landeschef und Finanzsenator Michael Freytag fehlt eine tragfähige und überzeugende Alternative zu von Beust.

Ein Wechsel des Bürgermeisters nach Berlin würde aber auch die schwarz-grüne Koalition im Rathaus vor eine schwere Belastungsprobe stellen. Von Beust ist mit seinem entschlossenen Eintreten für die in der CDU umstrittene Schulreform geradezu der Garant für das ungewöhnliche Bündnis. Genau das könnte auch ein Argument für Merkel sein: Die Bundes-CDU hat durchaus das Interesse, die Option Schwarz-Grün auf Länderebene am Leben zu halten. So gesehen ist von Beust derzeit in Hamburg unverzichtbar.

Die Hamburger CDU steht aber auch ohne eine von-Beust-Rochade vor einem Jahr der Entscheidung. Im Frühsommer 2010 wird der Landesvorsitzende neu gewählt. Bis dahin wird sich entscheiden, ob Freytag, der sich angesichts des HSH-Nordbank-Desasters vor einem Untersuchungsausschuss verantworten muss, als Parteichef zu halten ist. Es geht dann auch um eine Vorentscheidung der Frage, wer von Beust einst als Spitzenkandidat nachfolgen wird.