Die Fünf-Tage-Woche verschwindet immer mehr aus dem Berufsleben. Besonders betroffen: die Dienstleister.

Es sind die Cafébesitzer, Friseure oder Verkäufer - aber auch die Ärzte, Architekten und Optiker: Fast jeder zweite Berufstätige arbeitet inzwischen auch sonnabends. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden stieg die Zahl der Sonnabend-Beschäftigten von 41,4 Prozent im Jahr 1998 auf zuletzt 48,6 Prozent. "Wir entwickeln uns zu einer 24-Stunden-Gesellschaft, denn die klassische Fünf-Tage-Woche verschwindet", sagt der Zukunftsforscher Horst Opaschowski.

Dieser Trend zeigt sich auch in Hamburg. Die Hansestadt liegt zwar noch unter dem Bundesdurchschnitt, doch auch hier arbeiten rund 363 000 Menschen am sechsten Tag der Woche. Zehn Jahre zuvor waren es noch 300 000. Vor allem die 35- bis 45-Jährigen gehören zu der neuen Generation der Arbeitnehmer, die auch sonnabends ins Büro, ins Kaufhaus oder in die Arztpraxis gehen - und arbeiten.

So wie Ute Macke. Die 45-Jährige ist Leiterin eines Reisebüros und sitzt alle zwei Wochen hinter ihrem Schreibtisch - seit das Reisebüro sonnabends länger geöffnet ist. Sie arbeitet dann sogar lieber. "Die Kunden sind entspannter und ich habe mehr Zeit für die Beratung, weil das Telefon weniger klingelt", sagt sie. Probleme mit der Familie gibt es deswegen nicht. Im Gegenteil: Sie schätzt es, dass sie zum Ausgleich für den Wochenend-Einsatz unter der Woche auch mal früher nach Hause gehen kann - um sich dann mit Freunden zu treffen. Ute Macke: "In der heutigen Zeit muss man flexibel sein."

Das sagt auch Wolfgang Linnekogel, Geschäftsführer des Einzelhandelsverbandes. "Der Handel muss da sein, wo der Kunde ist." Vor allem seit der Liberalisierung der Öffnungszeiten, die 2007 im Zuge des neuen Hamburger Ladenöffnungsgesetzes durchgesetzt wurde, sei es zu einer Verschiebung der Arbeitszeiten in die Abendstunden und Wochenenden gekommen.

Salome Esteves (40) aus dem Schanzenviertel ist es schon gewohnt, auch am Wochenende zu arbeiten. Früher war sie Krankenschwester, heute ist sie Kosmetikerin und lässt sich voll und ganz auf den Zeitplan ihrer Kunden ein. Das heißt: Sie steht sonnabends und sonntags auf Wunsch bis 22 Uhr zur Verfügung. "Da ich Single bin und meine Eltern im Ausland leben, kann ich mir meine Zeit frei einteilen", sagt Salome Esteves. Ihre Einkäufe und Arbeiten im Haushalt erledigt sie stattdessen unter der Woche.

So wie Salome Esteves arbeiten rund 22 Prozent der Erwerbstätigen in Hamburg ständig oder regelmäßig am Sonnabend. Mehr als jeder fünfte Arbeitnehmer oder Arbeitgeber muss gelegentlich am Wochenende zum Job.

Ob Bäcker, Optiker oder Handwerker - besonders im Dienstleistungssektor ist die Arbeit am Sonnabend zum Normalfall geworden. "Vor allem diejenigen, die direkten Kundenkontakt haben, sind von der Entwicklung betroffen", sagt Dagmar Spreemann von der Handwerkskammer. Der Trend auf dem Arbeitsmarkt macht selbst vor den Ärzten nicht malt. Rund 277 Praxen öffnen auch sonnabends - doppelt so viele wie vor vier Jahren. "Die Veränderungen im Gesundheitswesen bringen es mit sich, dass Ärzte unter einem höheren Konkurrenzdruck stehen. Da ist es ein guter Service, am Samstag Sprechstunden anzubieten. Auch, dass Arbeitnehmer sich inzwischen bei der Arbeit nicht mal eben so zum Arztbesuch verabschieden, ist ein Grund dafür, dass verstärkt Sprechstunden am Samstag stattfinden", sagt Klaus Schäfer, Vizepräsident der Ärztekammer Hamburg.

Ob freiwillig oder unfreiwillig - die Gründe für den Wochenendeinsatz sind unterschiedlich. Thomas Darboven (72) ist inzwischen jeden Sonnabend im Büro. "Angesichts der Krise mussten wir unser Büro verkleinern - auch was die Zahl der Mitarbeiter angeht. Das hat zur Folge, dass der Rest von uns mehr arbeiten muss", sagt der Architekt, der die neue Arbeitszeit schätzt. "Am Wochenende habe ich mehr Möglichkeit, meine Kreativität auszuleben. Unter der Woche muss ich von einer Baustelle zur nächsten, habe ein Telefonat nach dem anderen. Da bleibt keine Zeit für meine Entwürfe und Kunst." Wenn er nicht gerade in seinem Büro in Ottensen Bürogebäude entwirft, arbeitet er als Bildhauer - vor allem sonnabends.

Doch auch wenn das Arbeitsaufkommen am Wochenende zunimmt - bisher ist primär der Sonnabend betroffen. Am Sonntag arbeiten vergleichsweise weniger: nur jeder Vierte.