Der SPD-interne Konflikt um die Ausrichtung der Schulpolitik ist erneut aufgeflammt. Der SPD-Bürgerschaftsabgeordnete und Ver.di-Chef Wolfgang Rose hat in einem dem Abendblatt vorliegenden Brief an die “lieben Genossinnen und Genossen“ seinem Ärger über den reformkritischen Kurs der SPD-Fraktion kräftig Luft gemacht. Rose unterstützt die vom schwarz-grünen Senat betriebene Einführung der sechsjährigen Primarschule.

Der Gewerkschafter hat unter dem Eindruck der Bürgerschaftsdebatte über die Schulreform am Donnerstag zur Feder gegriffen. Sowohl der SPD-Schulpolitiker Ties Rabe als auch Fraktionsgeschäftsführerin Britta Ernst hatten sich in ihren Reden sehr kritisch mit der sechsjährigen Primarschule auseinandergesetzt. "Ich halte die Grundhaltung der Mehrheit unserer Fraktion, wie sie in der Rede von Britta und Ties (...) zum Ausdruck kam, nach wie vor für einen schweren politischen Fehler", schreibt Rose. Er hält es für möglich, dass einzelne Kritikpunkte Rabes an der Umsetzung der Reform berechtigt sind. "Aber dass meine Partei nach Jahren des schulpolitischen Stillstands nicht zu den reformerischen Treibern gehört und die Kritik konstruktiv nach vorne artikuliert, sondern stattdessen alle organisatorischen Probleme zu Bremsklötzen für die Schulreform hochstilisiert, ist für mich eine tiefe und schwer erträgliche Enttäuschung."

In der SPD, "bis hin zu älteren Sozialdemokraten, die eher dem traditionellen Flügel zuzurechnen sind", gebe es "fast überall großes Kopfschütteln". Die Frage laute: "Wo steht die SPD, und warum begibt sie sich in ein derartiges undefinierbares Abseits?" Verständlich wird Roses Haltung vor dem Hintergrund, dass sich die SPD seit den 70er-Jahren stets für längeres gemeinsames Lernen eingesetzt hat. Zur aktuellen Beschlusslage der Hamburger SPD zählt die Festlegung, dass langfristig die Schule für alle eingeführt werden soll.

Rose nimmt seinen Parteifreunden Ernst und Fraktionschef Michael Neumann die "kaum verdeckte Sympathie und Unterstützung" für die Initiative "Wir wollen lernen" übel, die die Primarschule kippen will. Das Verhalten der Parteifreunde sei "irritierend, wenn nicht schädlich für das bildungspolitische Profil unserer Hamburger SPD".

Vor einigen Wochen hatte sich Ex-Parteichef Mathias Petersen bereits klar für das Projekt der sechsjährigen Primarschule ausgesprochen.

Fragen Sie die Senatorin

Schulsenatorin Christa Goetsch (GAL) hat die Standortplanung für die neuen Primar- und Stadtteilschulen vorgestellt. Am kommenden Mittwoch, 15. Juli, steht sie von 19.05 bis 21 Uhr auf NDR 90,3 live Rede und Antwort. Die Sendung ist eine Kooperation mit dem Hamburger Abendblatt. Fragen an Goetsch können unter der Email-Adresse 903aktion@ndr.de eingesandt werden.