“Ausprobieren, das liegt mir nicht. Wenn ich mich für eine Tätigkeit entscheide, dann setze ich mich sofort voll ein.“

Das schrieb Unipräsidentin Monika Auweter-Kurtz in einen Fragebogen, der ihr kurz nach ihrer Wahl Ende 2006 vorgelegt worden war. Wie ernst das gemeint war, können im Unibetrieb jetzt viele Menschen aus nächster Nähe erleben. Die Raketenforscherin setzt sich in der Tat "voll ein" - und zwar mit der Kraft einer Pershing.

In der vergangenen Woche eskalierte der seit Monaten gärende Ärger, wobei die Rücktrittsforderung an ihre Adresse nur eine von vielen Krisen ist. Auweter-Kurtz setzt an der Uni die Vorgaben der Politik um - nämlich die Umwandlung der Gremienuniversität zu einem marktwirtschaftlich geprägten Dienstleistungsbetrieb. Was viele Professoren jetzt aufschreckt, ist der rigorose Bruch mit Strukturen, an die sie sich über Jahrzehnte gewöhnt hatten - und das Ganze in reichlich rauem Umgangston. Während ihre Unterstützer sagen, dass die Unipräsidentin endlich alte Zöpfe abschneidet, werfen ihr Kritiker vor, die Uni zu zerschlagen und negativ ins Gerede zu bringen. "Sie will die Universität zerstören, die es vor ihr gab", so die hochschulpolitische Sprecherin der SPD, Dorothee Stapelfeldt, außerdem könne sie nicht mit Kritik umgehen.

Eines kann man der streitbaren Stuttgarterin (Spitzname an der Uni: "Raketen-Moni") nicht vorwerfen: dass sie mit ihrer Meinung ängstlich hinterm Berg hält. Eine Kostprobe gab es am vergangenen Montag bei einer Diskussion des Übersee-Clubs zum Wissenschaftsstandort Hamburg. Sichtlich verärgert griff Auweter-Kurtz den Hauptgeschäftsführer der Handelskammer, Prof. Hans-Jörg Schmidt-Trenz an, der sich bekanntlich gegen die Verlagerung der Uni auf den Kleinen Grasbrook wendet. Wenig später sagte sie über die frühere Art der Mittelverteilung an der Uni, sie habe ein unstrukturiertes "Gießkannenprinzip" vorgefunden. Der direkt vor ihr sitzende frühere Unipräsident Jürgen Lüthje quittierte das mit heftigem Kopfschütteln, was Auweter-Kurtz kaltließ.

Nur einmal hatte sie Krach mit Senatorin Gundelach

Die Präsidentin hat die volle Unterstützung von Wissenschaftssenatorin Herlind Gundelach (CDU) - beide sind übrigens Schwäbinnen. "Der Trott der letzten 30 Jahre muss abgeschüttelt werden", sagte Gundelach am Donnerstag im Abendblatt über die Uni - ein Satz, der so auch von Auweter-Kurtz kommen könnte. Wie Insider erzählen, gab es nur einmal Krach zwischen beiden - und zwar, als Auweter-Kurtz eine Pressekonferenz zu der von ihr favorisierten Univerlagerung abhielt und die rasche Umsetzung dieses Plans indirekt mit ihrem Verbleiben im Amt verband. Das war Gundelach dann doch zu viel Druck auf einmal.

Schwieriger als für die CDU ist die Lage für die GAL. Die Grünen tragen die von der CDU auf den Weg gebrachte Wissenschaftspolitik zwar mit, sehen aber jetzt ihre Felle bei den Studenten wegschwimmen - traditionell eine große GAL-Wählergruppe. Die erwartet nicht nur, dass sich die GAL dem ruppigen Ton an der Uni stärker entgegenstellt, sondern dass der Standort Eimsbüttel, eine grüne Hochburg, entschlossener verteidigt wird. Als "schwierig, absolut schwierig" bezeichnet GAL-Hochschulexpertin Eva Gümbel die aktuelle Situation an der Uni. Wie viele andere auch macht sie bei Auweter-Kurtz ein "Kommunikationsproblem" aus und stellt klar, dass die nicht immer "mit dem Kopf durch die Wand" könne.

Warum Auweter-Kurtz im Sommer nicht verreist

Gümbel will das Thema jetzt offensiv anpacken. In einem Gespräch mit der Wissenschaftssenatorin hat sie darauf gedrängt, die bisherigen Effekte des Wissenschaftsförderungsgesetzes auf die Uni zu überprüfen. Das ist im schwarz-grünen Koalitionsplan so festgeschrieben und eigentlich nichts Dramatisches. Durch die aktuellen Vorgänge an der Uni bekommt die Prüfung aber eine neue Qualität. "Es muss auch geguckt werden, inwieweit das Gesetz eine zu große Machtballung beim Präsidium gebracht hat", so Gümbel, geklärt werden müsse auch, ob das Präsidium durch eine zu große Aufgabenfülle überlastet sein könnte.

Auweter-Kurtz zeigte sich am vergangenen Freitag einsichtig. Es sei gut möglich, dass angesichts der vielen Sitzungen der vergangen Monate die persönlichen Gespräche zu kurz gekommen sein könnten. Ihre überraschende Ankündigung: Sie will im Sommer während der vorlesungsfreien Zeit zu Hause bleiben und in der Uni für Gespräche zur Verfügung stehen. Mal sehen, ob ihre Kritiker das Angebot annehmen.

Übrigens: Auch Auweter-Kurtz' andere Antworten aus besagtem Fragebogen haben es in sich. Auf die Frage: Was wollten Sie immer schon mal tun, haben sich aber nie getraut?" stellte sie erst einmal klar: "Bisher ist das, was ich noch nicht getan habe, eher an der fehlenden Zeit gescheitert." (Botschaft: Eigentlich traue ich mir alles zu). Die eigentliche Antwort lautete dann: "Wenn ich die Zeit hätte, würde ich gern einen Kontinent zu Fuß durchqueren." Wer so etwas erwägt, braucht Durchhaltevermögen und Zähigkeit. Im übertragenen Sinne könnte man sagen, Auweter-Kurtz durchquert und durchforstet zurzeit die Hamburger Uni. Und sie hat gerade erst damit angefangen.