Turbulente Debatte in der Bürgerschaft um ein neues Nichtraucherschutzgesetz. Eine Entscheidung trifft nun der SPD-Parteitag. Noch kein Verbot.

Hamburg. Der Angesprochene war gar nicht anwesend, aber er hätte sich über diese Glorifizierung sicherlich köstlich amüsiert. "Jetzt kann uns nur noch einer helfen", rief der FDP-Abgeordnete Wieland Schinnenburg in der teilweise turbulenten Bürgerschaftsdebatte über den Nichtraucherschutz, "und das ist der Bürgermeister."

Dass ausgerechnet die FDP so große Hoffnungen in die Autorität von Olaf Scholz, den Senatschef von der SPD, setzt, quittierten zwar etliche Sozialdemokraten mit Applaus. Aber eigentlich war ihnen gar nicht mehr zum Lachen zumute. Denn ihr Versuch, ein neues Nichtrauchschutzgesetz auf eine möglichst breite parlamentarische Basis zu stellen, darf spätestens nach dieser Aktuellen Stunde in der Bürgerschaft als gescheitert betrachtet werden. Die Entscheidung, welche Art von Rauchverbot es in der Hamburger Gastronomie geben wird, fällt nun am 9. Juni auf einem SPD-Parteitag. Von der Bürgerschaft beschlossen werden soll die Neuregelung dann am 13. Juni.

Die Auseinandersetzung im Parlament war der Höhepunkt einer teilweise skurrilen Diskussion. Ausgangspunkt war die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, das im Februar zum zweiten Mal ein Hamburger Nichtraucherschutzgesetz kassiert hatte. Gerügt hatte es die wettbewerbswidrige Unterscheidung zwischen Speiselokalen, in denen kategorisch nicht geraucht werden durfte, und Schankwirtschaften, die einen Raucherraum einrichten durften.

Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) hatte sich danach für ein absolutes Rauchverbot ausgesprochen. Die SPD-Fraktion legte vergangene Woche jedoch einen Vorschlag vor, der weiter Ausnahmen zulässt. Demnach soll zwar in allen öffentlichen Gebäuden ein absolutes Rauchverbot gelten. Kneipen bis zu 75 Quadratmetern (Eckkneipen) dürfen das Rauchen erlauben, kleine Restaurants jedoch nicht. Speise- und Schankwirtschaften mit mehr als 75 Quadratmeter Fläche werden hingegen gleich behandelt: Sie dürfen einen separaten Raucherraum einrichten, der aber automatische Türen und eine eigene Lüftung haben muss und durch einen dritten Raum vom Nichtraucherbereich getrennt sein muss. Die SPD beruft sich dabei ausdrücklich auf die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts, das eben jene Ausnahmen als zulässig bezeichnet habe. Außerdem gebe es in 13 anderen Bundesländern ähnliche Regelungen.

Dem Vorschlag hatte außer der Linkspartei auch die CDU am 7. Mai zunächst zugestimmt, sodass die Entscheidung gestern in der Bürgerschaft hätte fallen können. Wenige Tage später hatte die CDU dann aber doch verfassungsrechtliche Bedenken, was ihr Gesundheitsexperte Hjalmar Stemmann gestern damit begründete, er sei "in die Geschwindigkeitsfalle der SPD getappt". Ihm sei entgangen, dass der Passus wegfallen soll, wonach Raucherräume immer kleiner sein müssen als der Hauptraum der Gastwirtschaft. Nun wolle man das Ganze noch einmal in Ruhe beraten. Daran änderte auch die umgehende Zusage von SPD-Gesundheitsexperte Martin Schäfer nichts, den Satz wieder aufzunehmen.

Die Forderung hatte sich ohnehin längst erledigt, denn zwischenzeitlich hatte der SPD-Kreisverband Altona wie die Grünen ein absolutes Rauchverbot beantragt und die Genossen in der Bürgerschaft aufgefordert, die Entscheidung auf die Zeit nach dem SPD-Landesparteitag am 9. Juni zu vertagen. So kommt es nun: Die SPD-Basis hat das Wort, die Bürgerschaftsfraktion wird es umsetzen.

In der Debatte bekräftigte Prüfer-Storcks, dass sie ein absolutes Verbot befürworte. Diese Haltung sei für sie "Bestandteil meiner Jobbeschreibung als Gesundheitssenatorin". Am SPD-Entwurf lobte sie das "ernsthafte Bemühen" um mehr Nichtraucherschutz. Ähnlich argumentierte Kersten Artus (Linkspartei). Das neue Gesetz erschwere das Rauchen, das sei gut so.

Während die CDU sich nicht mehr festlegen mochte, forderten die Grünen als einzige Fraktion ein absolutes Rauchverbot. Die SPD sei "vor der Raucherlobby eingeknickt", ihr Vorschlag daher "Kuddelmuddel", so Katharina Fegebank. Wieland Schinnenburg sagte für die FDP, man könne den SPD-Entwurf zwar mittragen. Zuvor müsse der SPD-Landesvorsitzende und Bürgermeister Scholz aber "die unzulässige und unsinnige Ungleichbehandlung von Schank- und Speisewirtschaften beseitigen". Doch dieser Aufruf verhallte, wie gesagt, ungehört.