Hamburgs Schulsenator Ties Rabe knüpft Veröffentlichung aber an klare Datenschutz-Regeln. Die Schulbehörde lehnt den Vorstoß bislang ab.

Hamburg. Die zum Teil alarmierenden Ergebnisse des sogenannten Schul-TÜV haben eine Debatte darüber angefacht, ob die Ergebnisse der Schulinspektion veröffentlicht werden sollen. Die Schulbehörde lehnt dies bislang mit dem Hinweis auf das "schutzwürdige Interesse" zum Beispiel von Schulleitern ab.

Aber Schulsenator Ties Rabe (SPD) ist nicht grundsätzlich gegen die Veröffentlichung. "Wir müssen die Schulinspektions-Ergebnisse einer breiteren Schulöffentlichkeit bekannt machen", sagte Rabe dem Abendblatt. Allerdings müssten dafür klare Regeln gefunden werden, etwa, was den Datenschutz angeht. Der Schulsenator hält es für sinnvoll, dass zum Beispiel alle Klassenelternräte einer Schule informiert werden. "Die Ergebnisse sollten auch auf Klassenelternabenden bekannt gegeben werden", sagte Rabe. Eine breitere Veröffentlichung des Schul-TÜV müsse Teil eines gesamten Maßnahmenpakets zur Verbesserung der Schulqualität sein. "Ein Hamburg-weites Schulranking ist aber unter den aktuellen Rahmenbedingungen kontraproduktiv."

Die FDP-Schulpolitikerin Anna von Treuenfels ist für die Veröffentlichung der Berichte. "Schulöffentlichkeit und Eltern, die ihre Kinder auf Schulen anmelden wollen, brauchen volle Transparenz", sagte von Treuenfels. Primarschul-Verhinderer Walter Scheuerl (CDU-Fraktion) hatte sich bereits im Januar dafür ausgesprochen, die Prüfberichte zu veröffentlichen.

Stefanie von Berg (GAL) ist gegen die Offenlegung. "Im Falle schlechter Ergebnisse käme das einem Stigma gleich", sagte von Berg. Es könne nicht der Sinn der Schulinspektion sein, dass Schulen unter Druck gerieten.

"Der Schul-TÜV sagt die Wahrheit über die Qualität der Schulen", sagt Edda Georgi, Vorstand der Elternkammer. Jeder Elternteil, der sein Kind an einer Schule anmelden möchte, solle daher Zugang zum Bericht haben. Schulentwicklung sei häufig ein Problem der Traditionsgymnasien. "Sie verzeichnen meist hohe Anmeldezahlen, also müssen sie sich nicht bewegen."

So auch am Walddörfer-Gymnasium, der Schule des ehemaligen Bürgermeisters Ole von Beust (CDU) in Volksdorf. 2008 stellte der Schul-TÜV eklatante Probleme fest. An der Schule mit bildungsbürgerlichem Einzugsgebiet prägten laut Bericht vor allem Leistungsdruck und Frontalunterricht den Alltag. Vielleicht passte es, dass der damalige Schulleiter ohnehin zu diesem Zeitpunkt pensioniert wurde.

Als Schulleiterin Annette Brandt-Dammann übernahm, rechnete sie kaum damit, dass ihre Schule dieses Jahr einen Anmelderekord vermelden darf. "Wir haben zuerst ein Leitbild entwickelt", sagt die Schulleiterin. In einer "Steuergruppe" treffen sich regelmäßig Schulleitung und Lehrer. Eltern sprechen an einem monatlichen "Jour Fixe" mit der Schulleitung. So entstand das Konzept der "Studienzeiten": Lehrer haben feste Räume, täglich eine Stunde suchen sich Schüler aus, was sie lernen wollen - und vor allem wo und mit wem. "Das kann der Chemielehrer der Parallelklasse sein oder die ältere Schwester eines Mitschülers", so Brandt-Dammann.

"Gerade Schulen, die konservativ und hierarchisch operieren, brauchen Hilfestellung und Anstöße von außen, um Entwicklungen einzuleiten", sagt Norbert Gawehn, Elternratsvorsitzender am Carl-von-Ossietzky-Gymnasium (CvO) in Poppenbüttel. So funktioniere auch der Schul-TÜV: Schulen, die bereits Reformen auf den Weg gebracht hätten, würden positiver beurteilt.

So hat das CvO nun ein sehr gutes Ergebnis erzielt - dabei drohte dem 1968 gegründeten Gymnasium Ende der 80er-Jahre die Schließung. Die Anmeldezahlen waren im Keller. "Wir galten als zu schülerfreundlich", erinnert sich Thomas Sievers, didaktischer Leiter. Die Reifeprüfung am CvO trug den inoffiziellen Titel "Aldi-Abitur", erinnert sich ein Schüler. Die Schulleitung zog die Notbremse, leitete Reformen ein und holte für Entscheidungen Lehrer, Eltern und Schüler mit ins Boot. Sechs Kollegen teilen sich die Schulleitung. Regelmäßig werden die Schüler aufgefordert, dem Lehrer ein Feedback zu geben. Heute ist die Warteliste lang, 1060 Schüler besuchen die Schule. Und jeder, der möchte, kann den Inspektionsbericht der Schulbehörde einsehen. "Eine automatische Veröffentlichung halte ich aber für falsch, ein Ranking wäre kontraproduktiv", sagt Sievers.

Gegen eine grundsätzliche Offenlegung ist auch Nils Harringa, stellvertretender Schulleiter der Elbinselschule in Wilhelmsburg. Seine Schule hat beim Schul-TÜV mit "realistischen Ergebnissen" abgeschlossen, wie Harringa es formuliert. "Wer unsere Schule kennenlernen möchte, kann persönlich vorbeikommen", sagt der Schulleiter. "Und nicht nur einen Blick aufs Papier, sondern direkt in den Unterricht werfen."