Hamburgs Datenschützer Johannes Caspar hat erreicht, dass die umstrittenen Street-View-Kamerafahrten vorerst gestoppt werden.

Hamburg. Der Internetriese Google hat seine Street-View-Fahrten vorerst weltweit eingestellt. Das hat der Hamburger Datenschutzbeauftragte Johannes Caspar dem Hamburger Abendblatt bestätigt. "Die wollen die Software in den Fahrzeugen umrüsten", sagt Caspar. Von Google selbst liegt dazu keine Stellungnahme vor. Eine mittags gestellte Anfrage blieb bis zum Abend unbeantwortet.

+++ Verwaltung hilft bei Einspruch gegen Google Streetview +++

Mit der Software sind Daten aus WLAN-Verbindungen gesammelt worden, also aus drahtlosen Internetzugängen. Nach Ansicht von Caspar ist das rechtswidrig. Google hatte zunächst behauptet, die WLAN-Netze nur registriert zu haben. Erst später folgte das Eingeständnis, auch Daten gespeichert zu haben - allerdings unabsichtlich. Dieses Eingeständnis war eine Folge des beharrlichen Nachfragens des Datenschutzbeauftragten Caspar. Er ist zuständig, weil der US-Konzern Google seinen Deutschlandsitz in Hamburg hat.

Wie lange die Street-View-Fahrten gestoppt werden, ist unklar. Einem Schreiben von Google an den Landtag in Schleswig-Holstein ist zu entnehmen, dass zunächst die Software so verändert werden soll, dass WLAN-Netzdaten von den Fahrzeugen "nicht mehr erfasst werden". Der Kieler Innen- und Rechtsausschuss hatte sich gestern über die Speicherung von WLAN-Daten durch den Internetriesen informieren lassen wollen. Auch ein Google-Vertreter war eingeladen worden. Doch der Stuhl blieb frei. Das Unternehmen schickte stattdessen gestern eine Mail mit folgendem Satz: "Leider kann an der Sitzung aus Termingründen kein Vertreter von Google teilnehmen."

Für Johannes Caspar und Marit Hansen, Vize-Datenschutzbeauftragte in Schleswig-Holstein, bleiben auch nach dem überraschenden Street-View-Stopp noch viele Fragen offen. Beide beantworteten gestern in Kiel die Fragen des Innen- und Rechtsausschusses. Die Datenschutzbehörden der beiden Bundesländer arbeiten in diesem Fall eng zusammen.

Caspar hat Google mittlerweile ultimativ aufgefordert, die bereits erfassten Daten offenzulegen. Außerdem verlangte er, dass ihm die Software bereitgestellt werden müsste, mit dem die Daten gesammelt wurden. Das Ultimatum lief gestern um Mitternacht aus. Caspar rechnete gestern Mittag damit, dass die verlangten Informationen in der Nacht eingehen werden. "Anhand der Original-Software können wir möglicherweise die Frage klären, ob die Daten zufällig oder eben doch absichtlich gesammelt worden sind", so Caspar. In dieser Sache läuft derzeit auch ein Ermittlungsverfahren der Hamburger Staatsanwaltschaft gegen Google.

Der datenschutzrechtliche Regelverstoß kann eine Geldbuße für das Unternehmen zur Folge haben. Maximale Höhe: 300.000 Euro. Offen ist nach wie vor, wie sichergestellt werden kann, dass die illegal gesammelten Informationen auch wirklich gelöscht werden. "Niemand weiß ja, ob vielleicht Daten kopiert und an einem ganz anderen Ort gespeichert worden sind", sagt Marit Hansen. "Man müsste also eigentlich lückenlos rekonstruieren, wer da Zugriff hatte und wo die Daten möglicherweise noch hingewandert sind."

Die WLAN-Netze werden seit dem Jahr 2006 angezapft. Dabei sind etwa 600 Gigabyte an Informationen zusammengekommen. Das entspricht etwa der Datenmenge von 180.000 Musiksongs. WLAN-Netze wurden von Google verwendet, um den Standort des Street-View-Wagens festzuhalten. Diese Art der Navigation ist angeblich einfacher als über GPS. Wie viele Fahrzeuge in Deutschland unterwegs waren, ist nicht bekannt. Experten schätzen, dass es 80 bis 90 sein könnten. In rund 30 Ländern der Welt werden momentan Aufnahmen für Street View gemacht.