Cranz. Betreiber Hadag denkt über das Ende der Verbindung über die Elbe nach. Anwohner in Cranz und Umgebung fordern Ausbau statt Streichung.

  • Die Fährverbindung zwischen Cranz und Blankenese ist wichtig für Pendler und Tourismus
  • Der Verkehrsclub VCD fordert den intelligenten Ausbau des Fähren-Netzes auf der Elbe
  • Ein SPD-Vorschlag: Autonome Schiffe gegen den Mangel an Hafenkapitänen einsetzen

Kaum hatte Vorstandsmitglied Tanja Cohrt den Gedanken laut ausgesprochen, den schon viele Hadag-Geschäftsführer vor ihr bewegt hatten, nämlich die Fährverbindung Cranz-Blankenese aus dem Linienangebot der Hafenreederei zu streichen, organisierte sich schon der Protest. Etwa 50 Einwohnerinnen und Einwohner aus Cranz, dazu Besucherinnen und Besucher aus Blankenese sowie der Altländer Nachbarschaft kamen jetzt zum Cranzer Anleger am Estedeich, um zu protestieren.

Aus Sicht der Hadag sind die Gedankenspiele verständlich: Die Linie ist noch stärker defizitär als alle anderen Fährverbindungen im HVV. Sie zuverlässig zu bedienen, wäre mit noch mehr Investitionen verbunden und nicht nur das Geld, das in die Linie fließt, auch das Personal, was sie bedient, könnte die Hadag gut an anderen Stellen einsetzen.

Aus Sicht der Altländer wäre die Einstellung allerdings die falsche Entscheidung: Bekäme man einen zuverlässigen Betrieb hin, würde auch die Nutzung der Fähre steigen und das Defizit sinken, so ihre Argumentation. „Die Fähre Cranz-Blankenese könnte wieder eine hervorragende Alltagsroute für Pendler, besonders für den Radverkehr, und ein touristisches Highlight sein“, sagt die Cranzer Bürgerschaftsabgeordnete Gudrun Schittek (Grüne).

Hadag: Nur ein Drittel der Fahrten gehen bis nach Cranz

Schittek gehört zu den Alltagsnutzern dieser HBEL. Die Ärztin lebt in Cranz, ihre Praxis aber hat sie in Blankenese. Neben ihr gibt es noch einige andere, die die HBEL zum Pendeln nutzen. Allein: So oft fährt die Fähre nicht. Aufgrund der zunehmenden Verschlickung von Este und Elbe macht die Tide der Hadag oft einen Strich durch den Fahrplan. Nur etwa ein Drittel der Fahrten geht nach Hadag-Angaben tatsächlich bis zum Este-aufwärts gelegenen Anleger Cranz. Viele weitere enden bereits vor dem Este-Sperrwerk am Anleger „Neuenfelde“ in der Einfahrt des Este-Sperrwerks.

Viele Fahrten werden aber auch ganz nach Finkenwerder umgeleitet, weil sogar die Elbe bei Niedrigwasser im Bereich der Estemündung zu flach ist. Dabei ist die „Altona“, das einzige Hadag-Schiff, das für die Strecke geeignet ist, schon eine Fähre mit besonders wenig Tiefgang.

Am Anleger Cranz protestierten Altländer für „ihre“ Fähre.
Am Anleger Cranz protestierten Altländer für „ihre“ Fähre. © HA | Lars Hansen

Ihren eigenen Schiffahrtsweg auszubaggern, gehört nicht zu den Aufgaben der Hadag. Im Bereich der Este wäre die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes zuständig, weil die Este bis Buxtehude eine Bundeswasserstraße ist. Diese Behörde kommt der Pflicht aber nicht in einem wünschenswerten Ausmaß nach – erst recht nicht, seit die Sietas-Werft geschlossen ist und kein industrieller Bedarf an Fahrwasser mehr vorliegt.

„Was aber, wenn sich auf dem Werftgelände tatsächlich maritime Wirtschaft ansiedelt, wie es sich der Senat wünscht?“, fragt eine Anwohnerin. „Dann wird die Tiefe doch wieder gebraucht!“

Fährverkehr: Stockholm und Paris könnten als Vorbilder dienen

„Was wir brauchen, sind nicht weniger Fähren, sondern mehr Fähren“, sagt Boy Friedrich von der Bürgervertretung Altes Land. „Ein Verkehrswende-Konzept für die Unterelberegion muss verstärkt auf die Wasserwege setzen und diese auch klug vernetzen!“

Gudrun Schittek nennt hier Paris und Stockholm als Vorbilder: „In Paris wird der Fährverkehr auf der Seine als Alternative zum Straßenverkehr massiv ausgebaut. Stockholm setzt auf schnelle Elektrofähren für Verbindungen in die City.“

Was wir brauchen, sind nicht weniger Fähren, sondern mehr Fähren. Ein Verkehrswende-Konzept für die Unterelberegion muss verstärkt auf die Wasserwege setzen und diese auch klug vernetzen!
Boy Friedrich - Bürgervertretung Altes Land

Der ökologische Verkehrsclub Deutschland (VCD) sieht für die Elbfähren im Bereich der westlichen Hamburger Elbe dringenden Handlungsbedarf und fordert eine Ausweitung des Angebots ab Blankenese, statt die Verbindungen zu streichen. Der VCD hat bereits 2019 Vertretern von Politik, Verwaltung und Hadag ein umfassendes Konzept für die Elbfähren vorgelegt. „Cranz als beliebtes Ausflugsziel muss auch in Zukunft verlässlich bedient werden“, fordert Alexander Montana vom VCD Nord.

Für Berufspendler sollte Anleger Neuenfelde die ganze Woche angesteuert werden

Zumindest Neuenfelde müsste für Berufspendler die ganze Woche über, der Anleger Cranz an Wochenenden verlässlich bedient werden, so Montana. Die Verbindung Blankenese-Cranz ist für den umweltfreundlichen Fahrradtourismus im Alten Land sehr wichtig. Das Konzept des VCD sieht darüber hinaus eine Direktverbindung von Blankenese zum Airbus-Anleger vor.

Die Hadag-Fähre in der Nähe des anlegers Neuenfelde. Im Hintergrund zu erkennen das Este-Sperrwerk.
Die Hadag-Fähre in der Nähe des anlegers Neuenfelde. Im Hintergrund zu erkennen das Este-Sperrwerk. © Anima Berten

„Die Anbindung des Airbus-Werkes hätte eine zentrale Bedeutung für den Berufsverkehr“, sagt Montana. „Fahrgäste würden sich durch das erweiterte Angebot besser über das Linienangebot verteilen, so können Engpässe auf den Schiffen vermieden werden.“

Innovative Idee: Autonome Fähren auf der Elbe

Zur Stärkung der Verbindung Blankenese – Neuenfelde – Cranz fordert der VCD von Montag bis Freitag die kostenlose Fahrradmitnahme für Abokunden. Montana: „Das ist auf den anderen Linien bereits üblich und sofort umsetzbar.“ Eine innovative Idee hat auch der Verkehrsexperte der Harburger SPD-Bezirksfraktion, Frank Wiesner.

Er schlägt vor, auf dieser Verbindung autonome Fähren einzusetzen, um dem Personalmangel bei der Hadag etwas entgegensetzen zu können. Gedanken um autonome Wasserfahrzeuge will sich die Hadag aber erst machen, wenn erstens die Technik ausgereifter ist und zweitens das Hauptproblem, nämlich der personalbedingt durchgeschüttelte Fahrplan, gelöst sind.

Allen Ideen zum Trotz: Hadag plant keine neuen Fähren

An Schiffs-Neuanschaffungen für die defizitäre Linie will bei der Hadag ohnehin niemand denken: „Die Beschaffung zusätzlicher Schiffe für eine Linie mit derartig wenig Fahrgästen wäre aus Sicht der Hadag nicht sinnvoll und ist aktuell nicht geplant“, sagt Pressesprecherin Constanze Salgues.

Konkrete Pläne, die Linie einzustellen, gebe es allerdings auch nicht, sagt Salgues: „Es gibt aktuell keine Entscheidung und somit auch kein Timing zur Einstellung der Linie HBEL. Grundsätzlich werden Entscheidungen zur Art und Weise des ÖPNV-Fährbetriebes auf politischer Ebene getroffen.“

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Nun werden verkehrspolitische Entscheidungen in Hamburg aber auch oft von den Verkehrsträgern angeregt und vorangetrieben. Das ist legitim, denn sie sind die Experten. Und da sagt Constanze Salgues: „Aus Sicht der Hadag ist es allerdings erforderlich, die Verbindung HBEL mit Blick auf Bedarf und Betriebsaufwand kritisch zu betrachten. Das passiert gerade.“