Comedian Thorsten Bär spricht im Interview mit dem Abendblatt über seine Karriere und die Zukunft des Harburger Comedy Clubs.

Harburg. Der Hamburger Komiker Thorsten Bär, 33, erzählt im Interview, wie ihn sein Comedy Club im Harburger "Stellwerk" an den Amazonas gebracht hat, was Comedians eigentlich nach der Vorstellung im Harburger Bahnhof machen und warum er im neuen Jahr die Technische Universität stürmen will. In seiner nächsten Show in der Harburger Bahnhofsbühne am Donnerstag, 3. Januar, wird der saukomische Promi-Imitator zum ersten Mal als Udo Lindenberg ein Lied nölen.

Hamburger Abendblatt: Sie haben den Wechsel vom Journalisten zum Vollzeit-Comedian geschafft. Wie lief das Jahr 2012?

Thorsten Bär: Das vergangene Jahr war unfassbar für mich. Ich habe zusammen mit meinem Kollegen Maxi Gstettenbauer eine Internetkampagne für Nivea während der Fußball-Europameisterschaft gemacht. Vier Wochen im Randbezirk von Warschau - dagegen wirkt Billstedt wie Dubai. Aber die Menschen dort sind glücklich, davon können wir viel lernen.

Ich habe im Fernsehen beim "Perfekten Dinner" mitgemacht - obwohl ich gar nicht kochen kann. Das hat meine Popularität gesteigert. Wildfremde Menschen haben mich danach auf der Straße oder beim Bäcker darauf angesprochen. Und ich habe eine Amazonas-Tour gemacht, habe auf dem Aida-Kreuzfahrtschiff vor 1200 Leuten gespielt. Da ging mir schon ordentlich die Pumpe.

Wenn Sie als Comedian auf dem Kreuzfahrtschiff engagiert sind - bleibt dann genug Zeit, um sich die große weite Welt anzusehen?

Thorsten Bär: Ich habe während der 14-Tage-Kreuzfahrt zwei Shows gespielt. Jeweils eine Stunde lang.

Das klingt nach Urlaub...

Thorsten Bär: Das ist schon ein Traumjob. Aber Sie sollten nicht vergessen: Es dauert Jahre, bis ein Comedian insgesamt 120 Minuten Programm entwickelt und einstudiert hat. Ich bin in Ludwigsburg und sonstwo aufgetreten. Ich habe mir das erspielt, auf der Aida auftreten zu dürfen. Auf dem Schiff bist du der Star. Ich kann nicht von A nach B gehen, ohne angesprochen zu werden. Das war ein tolles und ungewohntes Gefühl. Als ich mir am Büfett eine Portion Reis auf Teller füllte, meinte ein Schwabe: 'Was haben Sie denn da, Kung-Fu-Spätzle?' Das habe ich dann natürlich sofort in mein laufendes Programm eingebaut.

Haben Sie weitere Engagements auf dem Luxusdampfer oder war das eine einmalige Sache?

Thorsten Bär: In 2014 geht es mit Aida für mich zweimal nach Bangkok, einmal nach New York und einmal in die Karibik. Ganz schwierige Adressen - aber ich mach' das!

Amazonas, New York, Bangkok - und trotzdem bleiben Sie ihrem Comedy Club in Harburg noch treu?

Thorsten Bär: Die neuen Betreiber der Bahnhofsbühne "Stellwerk" machen einen fantastischen Job. Für mich ist es wichtig, andere Comedians in meine Show einzuladen. Das sind alles Leute, die den Job hauptberuflich machen. Auf der Clubbühne kann ich beweisen: Comedy ist live einfach am geilsten. An der Bar können Gäste mit den Künstlern ins Gespräch kommen - ein Grund mehr, in den Club zu gehen. Übrigens: Die Bookerin, die Künstler für die Aida-Kreuzfahrtschiffe engagiert, hat mich in Harburg gesehen. An diesem Abend habe ich vor 20 Leuten gespielt.

Sie haben den Eintritt für Studenten von acht auf fünf Euro gesenkt. 6000 Studenten sind an der Technischen Universität Harburg eingeschrieben - aber kaum einer von ihnen verliert sich in den Comedy Club. Woran liegt das?

Thorsten Bär: Die Harburger Studenten haben immer noch nicht mitbekommen, dass in Harburg etwas abgeht. Sie fahren lieber in das Schanzenviertel - wo 17.000 andere auch hingehen. Sie beschäftigen sich zu wenig mit dem Stadtteil, wo sie studieren. Am Ende brauchen sie sich nicht wundern, wenn irgendwann mal in Harburg wirklich nichts mehr geht. Die Ingenieur-Studenten sollen einfach mal ins "Stellwerk" kommen und Spaß haben - statt Zahlen aneinanderzureihen und Wurzeln zu ziehen. Wenn die Studenten nicht kommen, dann komme ich zu denen. Ich spiele im Hörsaal und mache die rund!

Wer sind ihre Gäste in der nächsten Show am 3. Januar im "Stellwerk"?

Thorsten Bär: David Anschütz ist relativ neu auf der Bühne. Dabei ist er schon seit bestimmt zehn Jahren in der Branche. Er gehört der Jury des Deutschen Comedy Preises an und ist Autor für Harald Schmidt und Stefan Raab. In Harburg spielt er sein eigenes Programm. Auf der Bühne findet er seine Erfüllung, denn als Autor muss man wie eine Maschine Gags produzieren. Erasmus Stein ist ein genialer Comedy-Zauberer. Er ist unfassbar schnell und gut.

Was machen Comedians eigentlich nach der Show im "Stellwerk"?

Thorsten Bär: Wir sitzen zusammen und trinken ein lecker Bierchen. Danach geht es auf die Reeperbahn. Deswegen mache ich das mit dem Club eigentlich nur.

Als Außenreporter für "Panorama 3" im NDR gehen Sie auch Politikern an den Kragen...

Thorsten Bär: Mit Panorama 3 haben wir den CDU-Parteitag aufgemischt und Politiker den Viertklässlertest in Niedersachsen machen lassen. Acht von zehn sind durchgefallen. Dabei stellen wir Fragen wie: Wie viele Sekunden haben 60 Minuten? Angela Merkel wollte nicht mitmachen.

Wohin soll Ihre Karriere gehen?

Thorsten Bär: Mein Ziel ist eine eigene Fernsehsendung. Die TV-Sender brauchen dringend neue Konzepte. Die bringen doch nur noch "Scripted Reality". Mittlerweile weiß doch aber jeder, dass diese Geschichten nur gestellt sind. Und die siebte Auflage von "Messie Alarm" will doch keiner mehr sehen.

Comedy Club mit Thorsten Bär, David Anschütz, Erasmus Stein und einem Überraschungsgast, Donnerstag, 3. Januar, 20.30 Uhr, "Stellwerk" im Harburger Bahnhof, Eingang über Fernzuggleis 3, Eintritt: 13 Euro, für Studenten: 5 Euro.