Das Abendblatt und der ADAC Hansa testen die Park-and-ride-Anlagen der Region. Bahnhof erhält Gesamtnote “befriedigend“.

Lüneburg. Wer im Park-and-ride-Haus am Bahnhof Lüneburg einen Dauerparkplatz ergattern will, muss entweder Vitamin B haben oder ein Fuchs sein. Vitamin B? "Die Parkplätze hier werden oft vererbt", sagt ein Lüneburger, der seit 15 Jahren im P+R-Haus am Altenbrücker Ziegelhof / Dahlenburger Landstraße parkt und zur Arbeit nach Harburg pendelt. "Ich kenne viele Dauerkartenbesitzer, die ihre Parkberechtigung für das Doppelte und mehr an andere Pendler weiterverkaufen."

Oder der Lüneburger ist fuchsig und ruft zum richtigen Zeitpunkt bei der Lüneburger Parkhaus und Parkraum Verwaltungs GmbH, kurz: Lüneparken, an (Telefon: 04131/699 699-0) und fragt nach einer Jahreskarte. Der nächste richtige Zeitpunkt ist Mittwoch, 2. Januar 2013, früh morgens.

Das Hamburger Abendblatt hat vergangenen Donnerstag den Test gemacht: "Ich suche einen Parkplatz im Park-and-ride-Haus am Bahnhof, können Sie mir weiterhelfen?" "Wir haben keine freien Plätze - 600 von 672 Plätzen sind fest vermietet", antwortete der freundliche Herr am Telefon. "Könnten Sie mich bitte auf eine Warteliste setzen, ich bin dringend auf einen Parkplatz in Bahnhofsnähe angewiesen, da ich künftig nach Hamburg pendeln werde." Lüneparken führe keine Warteliste für das einzige Parkhaus in Bahnhofsnähe, in diesem Jahr sei "alles voll", sagte der Herr, "aber ich kann ihnen einen guten Tipp geben: Rufen Sie am 2. Januar 2013 früh morgens wieder an!" Dann würden 40 bis 50 Plätze frei, weil Lüneparken so viele Dauerparker ausfindig gemacht habe, die keine Parkberechtigung mehr hätten. Denn es dürfen nur Autofahrer im P+R-Haus parken, die auch tatsächlich pendeln und dies mit einer Dauerkarte nachweisen können.

"Die Parkplatznot ist groß für Pendler in Lüneburg", konstatiert Christian Schäfer, 44, Leiter Technik und Verkehr des ADAC Hansa, an diesem Tag in den niedersächsischen Herbstferien. Er inspiziert das Parkhaus auf allen Ebenen und merkt sofort: "Hier ist fast kein Platz mehr frei. Hier können nur noch wenige Kurzparker auf dem Parkhausdach parken."

Wie parkt der Pendler in Lüneburg mit dem Auto und mit dem Fahrrad am Bahnhof? Christian Schäfer hat für seinen Test einen Katalog von Fragen abzuarbeiten: Wie ausgelastet ist das Parkhaus? Wie sicher ist es? Wie steht es um die Videoüberwachung und die Beleuchtung? Ist die Anlage benutzerfreundlich? Ist der Parkplatz geeignet für Rollstuhlfahrer? Und wie steht es mit dem Service rund um den Bahnhof?

Was dem Parkhausprüfer sofort auffällt: Es ist viel zu dunkel im Parkhaus Am Altenbrücker Ziegelhof. 14 Uhr ist es an diesem regnerischen Herbsttag, und Christian Schäfer holt sein Lichtmessgerät aus dem Koffer. Er misst 7,5 Lux am Auto. "Die Beleuchtung sollte hier nach ADAC-Empfehlung 50 Lux haben", sagt der Experte. "Sie gefällt mir ganz und gar nicht." An einem anderen Auto misst er nur 1,9 Lux - "ein katastrophaler Wert mitten am Tag", sagt der ADAC-Prüfer.

Auch die Videokameraüberwachung im Parkhaus findet nur das eingeschränkte Gefallen des Parkhausprüfers: "Zwar sind Kameras an der Ein- und Ausfahrt sowie am Kassenautomaten vorhanden, aber es gibt keine Kameras im ganzen Parkhaus", sagt Christian Schäfer. "Das ist nicht gut für das Sicherheitsgefühl, vor allem, wenn es so dunkel ist wie in diesem Parkhaus. Die Lüneburger Damen werden sich hier vor allem in der dunklen Jahreszeit nicht wohl fühlen."

Negativ fallen dem Parkhausprüfer auch die Treppen auf. Sie liegen im Freien und sind aus Metall. Schilder weisen auf "Rutschgefahr" hin. "Auf solchen rutschigen Treppen geht man morgens, wenn man ohnehin in Eile ist, sicherlich nicht mit einem guten Gefühl zum Bahnhof", sagt Christian Schäfer.

Aber es gibt auch Positives über das Parkhaus Am Altenbrücker Ziegelhof zu berichten. Die Behindertenparkplätze sind 4,18 Meter breit und liegen damit 68 Zentimeter über der ADAC-Empfehlung von 3,50 Metern. Und es gibt 31 Parkplätze, die für Frauen reserviert sind. "Das ist ein ordentlicher Wert", sagt der ADAC-Tester, "obwohl ein gutes Parkhaus eigentlich keine speziellen Frauenparkplätze bräuchte." Auch der Preis von 290 Euro für ein Parkhaus-Jahresabonnement liege im "grünen Bereich", sagt Christian Schäfer. "Besser gefallen mir natürlich kostenlose Park-and-ride-Anlagen, die den Pendler motivieren, zum Bahnhof zu fahren und sein Auto stehen zu lassen."

Insgesamt bewertet der Parkhausprüfer die Lüneburger Anlage mit "befriedigend", "weil die Kapazitäten in Lüneburg von vorne bis hinten nicht ausreichen. 672 Park-and-ride-Plätze in einer Stadt mit 74 000 Einwohnern sind viel zu wenig."

So fährt ein Großteil der Lüneburger mit dem Bus oder mit dem Fahrrad zum Bahnhof. Davon kann man sich vor dem Bahnhofsgebäude ein Bild machen: Rund 200 Fahrräder stehen wild durcheinander auf dem Bahnhofsvorplatz, obwohl es am Bahnhof ein Fahrradparkhaus mit 1333 Plätzen gibt. Das können die Studenten der Leuphana Universität sogar kostenlos nutzen - rund 900 Parkplaketten gibt der Radspeicher pro Semester an sie aus. Aber jetzt ist Abhilfe für den Fahrradnotstand in Sicht: Im Frühjahr 2013 öffnet am Bahnhof ein zweites kostenloses Parkhaus für 800 Fahrräder.