Die Hamburger Kulturbehörde fördert den ehrenamtlich geführten Club nicht. Die Bahnhofsbühne “Stellwerk“ macht bald unter neuer Regie weiter.

Harburg. Hamburg verliert einen seiner drei Jazzclubs: Der "Jazzclub im Stellwerk" in Harburg hört nach mehr als sechs Jahren zum Jahresende auf. Der Förderverein des ehrenamtlich geführten Clubs zieht die Konsequenz daraus, dass die Kulturbehörde der Freien und Hansestadt jeden Förderantrag, insgesamt acht in diesem Jahr, abgelehnt hat. Als reine Jazzclubs in Hamburg bleiben nur noch der Cotton Club und das Birdland.

Der Club "Stellwerk" über den Fernzuggleisen im Harburger Bahnhof bleibt unter neuer Regie bestehen. Bisher war der Jazzclub Hauptveranstalter in der Bahnhofsbühne. Ab Januar gestaltet die junge Kreativagentur "Grossstatttraum" das Programm und will Pistengängern in Harburg verschiedene Musikrichtungen wie Soul, Blues, Elektro, Balkan, Latin, HipHop und Funk bieten. Dazu Comedy, Poetry Slams und Filmeabende. Ihr Konzept für ein "Zentrum der Kultur" werden die neuen Clubbetreiber am kommenden Montag im "Stellwerk" vorstellen.

Auch Jazzkonzerte wird es weiter im "Stellwerk" geben - nur deutlich seltener als bisher. Jazz wird eine Reihe unter vielen. Etwa ein Tag in der Woche wird dem zeitgenössischen Jazz gehören. Der Jazzclub hatte drei- bis viermal in der Woche Livemusik geboten.

Der Jazzclub in Harburg hat sich einen guten Ruf erworben, weil er ambitionierten Talenten eine Chance gibt. "Eine der besten Jazzadressen in Norddeutschland", schrieb die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung. Der Pianist Pär Lammers, heute dem Jazzfreund ein Begriff, startete hier seine Karriere. Olivia Trummer, zurzeit Liebling der deutschen Jazzpresse, gibt am Sonnabend im "Stellwerk" ein Konzert.

Insgesamt 5000 Stunden im Jahr arbeiten Jazzliebhaber ehrenamtlich, um den Club in Harburg am Laufen zu halten. Sie übernehmen die Tontechnik, stehen hinter dem Tresen an der Bar, kassieren das Eintrittsgeld. Weil Konzertgänger das Bahnhofsklo nutzen mussten, sammelte der Förderverein Spenden für eine eigene Clubtoilette. Das gemeinsame Essen zweimal im Jahr, als Anerkennung für die ehrenamtliche Arbeit, haben sich die Helfer inzwischen selbst gestrichen.

Der Club könnte so überleben, sagt Heiko Langanke. Der 43 Jahre alte Werbeunternehmer aus Heimfeld ist der Chef des Jazzclubs. Aber das Geld für längst fällige Investitionen könnten die Ehrenamtlichen bei allem Einsatz nicht erwirtschaften. Neue Stühle und Tische bräuchte der Jazzclub, der Boden eine neue Lackschicht.

Die Anträge des Jazzclubs auf einmalige Investitionszuschüsse lehnt die Kulturbehörde ab. Eine "gesonderte Jazzclub-Förderung" würde den Grundsatz der Gleichbehandlung aller Musikclubs verletzten", teilt sie im Juli in einem Schreiben mit.

Dabei sieht die Hamburger Bürgerschaft eine lebendige Jazzszene als unverzichtbares Profil einer zukünftigen Musikstadt Hamburg. So heißt es in dem Antrag der SPD-Mehrheitsfraktion. Die Stadt solle demnach große Jazzfestivals wie das "Elbjazz" im Hafen oder das "Jazz Open" in Planten un Blomen fördern, dazu "Jazzprogrammschienen in Subkulturkontexten".

Für Heiko Langanke ist das eine Ohrfeige für Jazzclubs. "Weil wir Jazzclub sind, fallen wir aus der Förderung heraus", sagt er. Wenn das alles sei, was der Stadt Hamburg einfalle, sagt er, müsse man zu dem Schluss kommen, dass man nicht erwünscht sei.

"Ich kann mir den Luxus einfach nicht mehr leisten", sagt Heiko Langanke. Die Stadt erstatte dem Club gerade einmal einen Teil der Gema-Gebühren. Das sei die ganze Förderung. Schon seit März denke der Förderverein deshalb darüber nach, den Club aufzugeben.

Am Ende, sagt der Clubchef, habe er sich nur noch damit beschäftigt, etwas auszubügeln, auszuputzen oder auszugleichen. Um die Musik sei es längst nicht mehr gegangen. "Irgendwann wirst du vergrätzt und verlierst den Spaß an der Musik", nennt Heiko Langanke die Folgen eines zähen Ringens. Irgendwann im nächsten Jahr will er ein Konzert in einem Jazzclub außerhalb Hamburgs besuchen und genießen. "Das", sagt er, "habe ich in den vergangenen sechs Jahren einfach nicht geschafft."