Am Bahnhof Wilhelmsburg gibt es bis Anfang 2013 keinen funktionierenden Fahrstuhl. Für viele Eltern mit Kinderwagen wird dies ein Problem.

Wilhelmsburg. Seit einem schlimmen Unfall vor sechs Jahren geht Kesbana Klein, 47, am Stock. Thomas Trägel, 40, sitzt im Rollstuhl. Vor vier Jahren engeagierten sie sich in der Bürgerinitiative "Barrierefreier Bahnhof Wilhelmsburg", als der Aufzug im S-Bahnhof Wilhelmsburg mehrere Male nacheinander ausfiel. Manchmal für zwei Tage, manchmal für einige Wochen, auch schon mal für drei Monate.

Dann investierte die Deutsche Bahn 70.000 Euro für einen funktionierenden Fahrstuhl. Seit Mai 2010 wird der Bahnhof umgebaut - und hat seitdem keinen Fahrstuhl mehr. Dafür müssen die Reisenden noch bis Anfang 2013 steile Behelfstreppen hoch- und hinuntergehen. Ende 2013 sollen 90 Prozent aller Hamburger Bahnhöfe der Deutschen Bahn barrierefrei sein.

"Wenigstens konnten wir erreichen, dass der Aufzug am S-Bahnhof Veddel funktionstüchtig war, bevor der Wilhelmsburger Fahrstuhl abgerissen wurde", sagt Kesbana Klein. Der Umweg über den Veddeler Bahnhof ist zwar teurer und dauert rund 17 Minuten länger, als direkt in Wilhelmsburg in die S-Bahn einzusteigen, doch für die Behinderten auf der Elbinsel ist es wenigstens eine kleine Erleichterung. "Wäre der Aufzug in Veddel nicht, kämen wir gar nicht von der Insel runter, vor allem nachts", sagt Thomas Trägel.

Auch Mütter und Väter mit Kindern im Kinderwagen haben derzeit am S-Bahnhof Wilhelmsburg große Probleme. Vjollca Bahtijari, 33, und ihr Sohn Leon, 1, fuhren gestern mit der S-Bahn nach Harburg zum Kinderarzt. Die Mutter musste junge Männer ansprechen, die ihr den Kinderwagen hoch- und hinuntertrugen. "Es wäre schön, wenn die Deutsche Bahn hier Mitarbeiter positionieren würde, die Müttern, Alten und Behinderten helfen würden", sagte Vjollca Bahtijari.

Aber nicht nur auf der Elbinsel ist Barrierefreiheit ein Wunschtraum vieler Bürger. "Am S- und U-Bahnhof Jungfernstieg kommt man als Rollstuhlfahrer nicht zu den Gleisen", sagt Thomas Trägel. "Dabei ist es einer der wichtigsten Punkte in Hamburg. Wenn ich dort aussteige, kann ich den Bahnhof nicht verlassen."

Auch auf dem S-Bahnhof Harburg ist der Zugang für Behinderte alles andere als einfach. Wie das Abendblatt berichtete, kann derzeit niemand die dauerdefekte Rolltreppe zur mittleren Ebene des Bahnhofs nutzen. Über die Zuständigkeit für die Reparatur streiten sich Deutsche Bahn und Hamburg. Für Behinderte gibt es einen einzigen Aufzug zu und von den Gleisen. Der liegt jedoch weit abseits von Busbahnhof und Phoenix-Center. Stattdessen führt der Aufzug zum Parkhaus neben dem Gebäude der Post, auf der anderen Seite der Fernbahngleise gelegen. "Die Rampen innerhalb des Bahnhofs schafft man aus eigener Kraft kaum", sagt Thomas Trägel.

Als einziger S-Bahnhof im Süderelberaum fällt Kesbana Klein der Bahnhof Neugraben positiv auf. "Dort gibt es eine Rampe und man kann alles leicht erreichen." Thomas Trägel spricht indes positiv über viele Mitbürger: "Ich bekomme mehr Hilfe angeboten als Frauen mit Kinderwagen. An steilen Treppen lehne ich Hilfe aber ab. Das will ich denen und mir dann doch nicht zumuten."

Was sagen Sie zu der Situation auf dem S-Bahnhof Wilhelmsburg? Ist sie schlimmer als in Harburg? Können Sie eigene Erlebnisse beitragen? Schreiben Sie an harburg@abendblatt.de