Das beliebte Schwimmbad an der Dratelnstraße in Wilhelmsburg wird abgerissen. Wo sollen Kinder jetzt Schwimmen lernen?

Harburg. Enttäuschte Sportler und aufgebrachte Politiker: Der Abriss des Schwimmbads an der Dratelnstraße und der Bau eines neuen Schwimmbads auf dem Gartenschaugelände sorgt in Harburg bei Politikern und Vertretern von Sportvereinen für reichlich Ärger. Hartmut Wirl, externer Geschäftsführer vom Turn- und Schwimmverein (TuS) Harburg/Wilhelmsburg, kündigt schon mal Schadenersatzforderungen an. "Uns könnte ein Schaden von 15 000 Euro entstehen. Die Verantwortlichen mögen sich schon mal auf Entschädigungszahlungen einstellen."

Denn ab September werden 120 schwimmbegeisterte Freizeitsportler des 1300 Mitglieder starken Vereins wohl erst einmal auf dem Trockenen sitzen. Wie berichtet, wird die Schwimmhalle an der Dratelnstraße in Wilhelmsburg abgerissen. Eine neue Einrichtung, die "Inselparkhalle", soll im Rahmen eines Bauausstellungsprojekts auf dem Gartenschaugelände errichtet werden, und bei der alten Schwimmhalle wird ein Kanukanal entstehen. Diese Wasserstraße wird so dicht an der alten Schwimmhalle vorbei geführt werden, dass deren Statik gefährdet wäre. Deshalb muss die Schwimmstätte weichen, sagt die IBA. Ausweichquartiere, die langfristig von Schulen und Vereinen belegt werden können, sind bislang nicht in Sicht. Bei Bäderland, dem Betreiber der Wilhelmsburger Schwimmhalle, herrscht Ratlosigkeit, denn alle 25 Bäder der Gesellschaft sind ausgelastet. "Wir prüfen Möglichkeiten und warten auf Rückmeldung", sagt Bäderland-Sprecherin Kirsten Rüde.

Bislang nutzt der TuS jeweils von montags bis freitags von 16 bis 21 Uhr die Halle. Es werden Kurse und Trainingszeiten für Wettkampfschwimmer angeboten. Erwachsene ziehen ihre Bahnen und Kinder lernen Schwimmen. Auch die Harburger Turnerschaft ist betroffen. Dort trainieren ebenfalls kleinere Kinder den Umgang mit dem kühlen Nass. "Ich habe 50 Kinder im Alter von sechs bis acht Jahren in der Gruppe", sagt Spartenleiterin Pamela Wolter. Wenn es ganz schlimm komme, "haben diese Jungen und Mädchen mindestens ein halbes Jahr lang keinen Schwimmunterricht und wir keine Beiträge", sagt sie. Bäderland kümmere sich um Ersatz. "Eventuell werden uns Hallenzeiten in Billstedt, Altona und Finkenwerder angeboten. Da können viele unserer Kinder aber nicht hinfahren", sagt sie.

Das geht TuS Manager Wirl mit seinen Schützlingen auch so: "Wer weiß, was Bäderland uns anbietet. Kindern im Alter von fünf bis acht Jahren, die wir hier betreuen, können wir keine lange Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln zumuten", sagt Wirl. Er berichtet, dass er davon ausgegangen sei, dass die alte Halle solange erhalten bliebe, bis die neue Einrichtung bezugsfertig ist.

Das bestätigt auch CDU-Kreischef Ralf Dieter Fischer. "So lauteten die Absprachen mit der IBA, weil ja die Harburger keine eigene Halle haben und einige Harburger Schulen an der Dratelnstraße Schwimmunterricht ausrichten. Wenn jetzt Versprechen gebrochen werden und Ersatzhallen nicht angeboten werden, müssen wir die ursprünglichen Zusagen massiv einfordern."

Diese Vereinbarungen bestätigt die IBA auf Nachfrage des Abendblatts allerdings nicht. "Es war immer das Ziel aller Beteiligten, keine Lücke im Betrieb zwischen alter und neuer Schwimmhalle entstehen zu lassen. Wir bedauern, dass es zu der Lücke kommt, aber eine Absprache für den nahtlosen Übergang ist uns nicht bekannt", sagt Kristina Hödl, IBA-Pressesprecherin.

"Das wundert mich. Ich bin davon ausgegangen, dass man sich rechtzeitig um Ausweichhallen gekümmert hat, immerhin haben viele Schüler dort Schwimmunterricht. Für Ersatz sollte also längst gesorgt sein. Immerhin gilt die neue Schwimmhalle als eines der zentralen Projekte der Gartenschau. Und es ist ja auch positiv, dass es eine neue Schwimmstätte gebaut wird", sagt Heinke Ehlers, Abgeordnete der Grünen in der Bezirksversammlung.

Zu den betroffenen Harburger Schulen, die in der Dratelnstraßenhalle Schwimmunterricht anbieten, gehört auch das Heisenberg-Gymnasium. Schüler der sechsten Klassen haben hier Schulstunden mit Schwimmmeistern von Bäderland. "Wir haben positive Rückmeldungen von den Eltern", sagt der stellvertretende Schulleiter Jörg Berthold. Schwimmen auf dem Stundenplan, Bewegungssport im Wasser - das sei wichtig die für Jugendlichen. Sie werden für die wöchentlichen Schwimmstunden mit dem Bus zur Halle gebracht und wieder abgeholt. Hat man die Schule über die Veränderungen in Kenntnis gesetzt? "Wir haben noch keine Informationen", sagt Berthold.

"Schlimme Sache", sagt der SPD-Bezirksversammlungsabgeordnete Heinz Beeken. Die Halle in Neugraben sei überbelegt und somit auch keine Alternative. Im Schulterschluss mit anderen SPD-Abgeordneten hat er eine Anfrage ans die Schulbehörde gestellt. "Es muss Klarheit über alternative Trainingsmöglichkeiten geschaffen werden", sagt er. SPD-Fraktionschef Jürgen Heimath fragt sich unterdessen, "weshalb die Harburger Politik nicht schon längst über die vorzeitige Schließung informiert worden ist. Das Statik-Thema dürfte bekannt gewesen sein. Lösungen für Probleme wurden offenbar jahrelang vor sich her geschoben. Das ist ein unfreundlicher Akt der IBA."