Täglich gehen viele Harburger am Rathaus vorbei. Die große Uhr, hoch oben an der Spitze des Gebäudes, flankiert von grimmigen steinernen Wächtern ist ein vertrauter Anblick - oder auch nicht. Denn anlässlich des zehnjährigen Jubiläums des Harburger Kunstvereins “Harburger Bahnhof“ schuf der japanische Künstler Tatzu Nishi rund um Uhr, Ornamente und Wächter ein Zimmer.

Harburg. Zur Eröffnung des Jubiläums-Projektes des Kunstvereins Harburger Bahnhof "10 Grad Kunst: Harburger Berge" haben viele Harburger dieses eindrucksvolle Objekt bestaunt. Vorausgesetzt, sie waren schwindelfrei und trauten sich, die Stahlgerüsttreppen zu überwinden, die in die Höhe führen.

Bezirksamtsleiter Torsten Meinberg war dabei. "Das ist mein neues Amtszimmer", scherzte er. Der Künstler Tatzu Nishi lächelt. Zwei Wochen haben er und seine Helfer gebraucht, um Gerüst und Holzverkleidung zu errichten und das daraus entstandene kleine Zimmer auszustatten. "Man traut sich kaum, den Teppich zu betreten", sagt eine Besucherin. Denn Nishi hat das Harburger Rathauszimmer gemütlich mit dunklen Möbeln, Kerzen, Bücherregal, Stehlampe, rotem Veloursteppich und weißem Wollflokati eingerichtet. Selbst die Zimmerpflanze vor den beiden Fenstern, die eine spektakuläre Aussicht auf den Stadtteil bieten, fehlt nicht. "War einfach, bot sich hier geradezu an", sagt Nishi, der sich sehr über die Begeisterung der vielen Besucher freute. Er hat bereits in anderen Städten ähnliche Kunstprojekte gestaltet. "Die Höhe fasziniert mich, der ungewohnte Ausblick in ebenso ungewohnten Perspektiven."

Doch Nishi war nicht der einzige Kunstschaffende, der ein Projekt in Harburg realisierte. Meinberg sowie die Leiter des Kunstvereins Harburger Bahnhof Britta Ernst und Tim Voss eröffneten gestern einen wahren Performance-Reigen. Wie berichtet, haben sechs internationale Künstler - Julia Bünnagel, Matthias Einhoff, Ivan Moudov, Olaf Nocalai, die Gruppe "Zimmerfrei" und eben Tatzu Nishi -Arbeiten für den öffentlichen Raum in Harburg konzipiert.

Dabei hieß die Devise "Nicht kleckern, sondern für die Kunst klotzen", denn trotz angespannter Haushaltslage ist es gelungen, 72 900 Euro bereit zu stellen. Sponsoren haben 5000 Euro gespendet, die Behörde für Kultur, Sport und Medien hat sich mit 60 000 Euro beteiligt, aus Stadtteilkulturmitteln wurden 5000 Euro aufgebracht, und der Kunstverein stellte 2700 Euro zur Verfügung. "Das ist ein tolles Highlight für unsere Bürger", so Meinberg - und lud die Besucher nach der Besichtigung des Höhenzimmers zu einem Rundgang zu den weiteren Projekten, darunter Videoinstallationen und Skulpturen, ein.

Noch bis Sonntag, 1. November können die Standorte jeweils mittwochs bis sonntags, 14 bis 18 Uhr, besichtigt werden. Führungen jeweils sonntags nach Voranmeldung unter Telefon: 040/76 75 38 97.