Ein Wochenende verging, bevor die Behörden im Gänsemast-Betrieb von Züchter Schwerk tätig wurden.

Winsen. Harburgs Kreisveterinärin Dr. Astrid Krüger wirft den Tierschützern von "Vier Pfoten" vor, zu spät das Veterinäramt informiert zu haben.

Wie berichtet, hatten die Tierschützer den Lebendrupf an Gänsen in Königsmoor aufgedeckt. Krüger: "Es hätte ein Amtstierarzt dazugeholt werden können, der den Vorgang sofort untersagt hätte. Auch außerhalb der Dienstzeiten ist der Veterinärdienst über die Einsatzleitzentrale des Landkreises Harburg jederzeit erreichbar. Das Amt sei aber erst, so Krüger, am Montag, 6. Juli, also einige Tage nachdem die Tierschützer die Aktion auf dem Gelände des Gänsemastbetriebes Schwerk gefilmt hätten, benachrichtigt worden. Krüger: "Eine rechtzeitige Information an den Veterinärdienst hätte eine 1000-fache Tierquälerei verhindert."

Die Aktivisten der Tierschutzorganisation "Vier Pfoten" hingegen geben an, sehr wohl versucht zu haben, die Amtsveterinärin zu informieren. "Wir haben am Freitagnachmittag versucht, Frau Krüger zu erreichen", sagt Tierschützer Marcus Müller. Allerdings habe eine Bandansage auf die Einsatzleitzentrale (ELZ) des Kreises verwiesen. "Obwohl wir von einem dringenden Tierschutzproblem und lebendig gerupften Gänsen erzählten, sagte man uns dort, dass man die Nummer der Amtsveterinärin nicht herausgeben könne. Ich fragte, ob mich die Veterinärin zurückrufen könne." Die ernüchternde Antwort der ELZ: Ein Rückruf sei leider bei ausländischen Rufnummern nicht möglich. Müller hat eine österreichische Handynummer - der Hauptsitz der Organisation "Vier Pfoten" ist in Wien.

Stattdessen habe die ELZ auf die Polizeidienststelle Tostedt verwiesen. "Dort wollten wir dann mündlich Anzeige stellen." Eine Anzeige sei aber nur über ein Online-Formular möglich, erinnert sich Müller an die Worte der Polizei. "Das haben wir versucht, aber sind daran fast verzweifelt. Das ist ein Formular von fünf bis sechs Seiten, und die Internetseite ist an dem Tag immer wieder abgestürzt."

Letztlich verschoben die Tierschützer die Anzeige auf den folgenden Montag, da am Wochenende bei Schwerk offenbar ohnehin nicht mehr gerupft wurde. "Hätten die weitergemacht, dann hätten wir die Amtsveterinärin persönlich zu Hause abgeholt und dort hin gebracht", so Müller. Auf nochmalige Nachfrage beim Kreishaus in Winsen hieß es jetzt, der Mitarbeiter der ELZ könne sich an einen Anruf an diesem Freitagnachmittag erinnern. "Der Anrufer wollte die Telefonnummer von Dr. Krüger haben. Da wir aber grundsätzlich nicht die Nummern unserer Mitarbeiter herausgeben, verwies der Mitarbeiter an die Polizei", so Birgit Behrends von der Kreisverwaltung. Bei diesem Anruf sei auch nicht die Rede von Gänsen gewesen. Der Anrufer habe, laut ELZ-Mitarbeiter, lediglich von einer "Gefahrenlage" gesprochen. Und bei "Gefahrenlagen" verweise die ELZ natürlich an die Polizei.

Die Vorwürfe des Veterinäramts, sich durch die späte Anzeige mitschuldig gemacht zu haben, hält Marcus Müller für ungeheuerlich: "Das ist ein Ablenkungsmanöver von eigenen Defiziten. Wir mussten die Vorgänge ja zumindest dokumentieren, um stichfeste Beweise vorlegen zu können. Wir haben leider zu oft die Erfahrung gemacht, dass sonst alles vertuscht wird." Bleibe das Amt bei seiner Haltung, werde man juristische Schritte erwägen. "Da geht es um Vernachlässigung der Kontrollen im Amt - den schwarzen Peter geben wir gerne zurück", so Müller.

Dem Veterinäramt und der Staatsanwaltschaft müsse man allerdings zugute halten, dass jetzt offenbar mit Nachdruck ermittelt werde. Allerdings werde "Vier Pfoten" in den nächsten Monaten "ganz massiv beobachten, ob sich im Verwaltungsbereich von Frau Krüger etwas ändert, oder ob noch weitere Fälle übersehen werden", kündigte Müller an.