In einem Betrieb im Kreis Harburg werden Gänse offenbar grausam gequält. Das haben Tierschützer mit Fotos und Videos dokumentiert.

Wistedt/Königsmoor. Der Kreis Harburg ermittelt gegen einen Gänse-Mastbetrieb in Wistedt. Dieser steht unter Verdacht, über Jahre hinweg Zehntausende Gänse bei lebendigem Leib mit Maschinen gerupft zu haben. Aufgrund von Hinweisen aus der Bevölkerung hatte die internationale Tierschutzorganisation "Vier Pfoten" den Betrieb zwei Tage lang beobachtet. Dabei haben die Tierschützer mit Fotos und Videos dokumentiert, wie die Gänse auf grausame Art misshandelt worden seien.

Marcus Müller, der Leiter der Rechercheabteilung der Organisation, war dabei: "Das war Rupfen wie am Fließband", sagt er. "Die Tiere werden an eine Maschine mit rotierenden Scheiben gepresst, ähnlich einer Schleifmaschine. Die Arbeiter haben einzelne Tiere getreten und nach dem Rupfen in hohem Bogen weggeworfen. Manche haben sich sogar überschlagen." Die Tiere hätten teilweise stark geblutet und seien dadurch anfällig für Parasitenbefall. Einigen seien durch die Maschinen Beine oder Flügel gebrochen worden. "Ich mache diesen Job seit 15 Jahren, aber so etwas habe ich noch nicht erlebt", sagt Müller.

Manfred Schwerk, der Sohn des Firmeninhabers, gibt zu, dass in seinem Betrieb Gänse bei lebendigem Leib mit Maschinen gerupft werden: "Das ist ja gesetzlich nicht verboten." Er sagt, das Rupfen habe medizinische Gründe. Die Gänse hätten einen Penisbefall - "und das kann man dann besser sehen und behandeln", so Schwerk. Zu den Videos der Tierschützer sagt er: "Die Tiere dabei zu treten und durch die Gegend zu werfen, ist natürlich eine Sauerei." Aber schließlich könne man als Chef ja auch nicht immer dabei sein.

"Die Sache mit der Penisinfektion nehmen wir Herrn Schwerk nicht ab", sagt hingegen Marcus Müller von "Vier Pfoten". Die meisten der gerupften Tiere seien Weibchen gewesen - "und die haben naturgemäß keinen Penis." Zudem seien die Maschinen, die Schwerk verwendet, nach Ansicht der Tierschutzorganisation nur zum Rupfen toter Tiere zugelassen.

Auch gegen das Harburger Kreisveterinäramt erhebt "Vier Pfoten" Vorwürfe. "Wir haben diesen Skandal in 48 Stunden aufgedeckt", so Müller. "Wir fragen uns, was das Veterinäramt in den letzten fünf Jahren gemacht hat." Schließlich sei Schwerk der zweitgrößte Betrieb seiner Art in Deutschland. "Wenn das Amt die Rupfmaßnahme tatsächlich aus den fadenscheinigen medizinischen Gründen abgesegnet hat", sagt Müller, "dann sehen wir uns vor Gericht wieder."

Beim Kreisveterinäramt gibt man sich kurz angebunden. "Wir haben die Ermittlungen aufgenommen", sagt der verantwortliche Kreisveterinär Ekkehard Schubert. Die Vorwürfe der Tierschützer dementiert er: "Das ist völlig unbegründet."

"Vier Pfoten" will nun erreichen, dass dem Wistedter Gänsezüchter das Tierhalteverbot entzogen wird. "Wir hoffen sehr, dass dieser Fall nicht wie eine Ordnungswidrigkeit behandelt wird", sagt Müller. "Sonst bewegen wir uns auf dem Niveau von Falschparkern." Seiner Erfahrung nach hätten die Veterinärämter in solchen Fällen "leider schon oft versagt."

Nach neuesten Informationen hat das Land Niedersachsen den Betrieb mit EU-Geldern subventioniert - allein im vergangenen Jahr mit 165 000 Euro.