Oberbaudirektor: “Stadt geht kaputt.“ Historische Gebäude sollen Apartments weichen. Proteste von Anwohnern in Uhlenhorst und Pöseldorf.

Hamburg. Angesichts der zunehmenden Zahl historischer Villen , die in Hamburg abgerissen werden, hat Oberbaudirektor Jörn Walter dafür plädiert, die Auswirkungen für den jeweiligen Stadtteil stärker als bisher zu berücksichtigen. "Was wir an historischer Bausubstanz haben, sollten wir unbedingt erhalten", sagte Walter dem Abendblatt. "Damit kann das Flair eines Stadtteils in die Zukunft gerettet werden." Wenn zu viele Häuser, die das Stadtbild prägten, abgerissen würden, "geht die Stadt kaputt", sagte Walter.

Hintergrund sind Proteste von Anwohnern in den Stadtteilen Uhlenhorst und Pöseldorf. Sie wehren sich gegen den Abriss von Stadtvillen und die Errichtung mehrgeschossiger Gebäude mit teuren Eigentumswohnungen. Im Stadtteil Uhlenhorst hat Dirk-Peter Bonk sich mit anderen Anwohnern zusammengetan und die "Bürgerinitiative Uhlenhorst" gegründet. Bonk beobachtete, wie in der jüngeren Vergangenheit eine Villa nach der anderen durch Neubauten ersetzt wurde. "Ob an der Karlstraße, der Fährhausstraße oder Schöne Aussicht: Es ist, als ob sie Hamburgs Schaufenster leer räumen", sagte er dem Abendblatt. Damit müsse Schluss ein. "Wir fordern Milieuschutz!"

+++ In den Villenvierteln wächst der Unmut +++

+++ Im Zweifel erhalten +++

Am anderen Alsterufer, an der Alsterchaussee 17 in Pöseldorf, wurde erst jüngst eine im Jahr 1875 errichtete Villa abgerissen. Lennart Elze wohnt im Nebenhaus und protestiert zusammen mit anderen Nachbarn mit Plakaten dagegen. Er fürchtet, dass das neue Gebäude um einiges größer sein und zusätzlich zu den bisherigen vier Wohnungen zwei Gewerbeeinheiten enthalten wird. Das gebe es in der Gegend sonst nicht.

Wie auf der Uhlenhorst und in Pöseldorf ist auch in anderen wohlhabenden Stadtvierteln der Eindruck entstanden, dass aus Profitgründen vermehrt Villen der Abrissbirne zum Opfer fallen. An der Elbchaussee ist dieser Prozess seit Jahren zu beobachten. Grundstücke mit Landhäusern und parkähnlichem Garten wurden eng bebaut. Genaue Zahlen, wie viele Villen im jüngsten Jahrzehnt abgerissen wurden, haben die Bezirke allerdings nicht.

Nach den Worten von Oberbaudirektor Walter berührt die Problematik "Gebäude, die nicht unter Denkmalschutz stehen, aber für deren Erhalt wir uns einsetzen sollten". Für Investoren sei die Versuchung groß, derartige Häuser abzureißen und durch profitablere Neubauten, die beispielsweise eine größere Zahl an Wohnungen haben, zu ersetzen. Für die Stadt sei es dabei juristisch nicht einfach, gegenüber den Bauherren eigene Interessen oder die der Anwohner durchzusetzen, sagte Walter.


Allerdings bestehe für die Bezirke die Möglichkeit, mit sogenannten Erhaltensverordnungen den Abriss von historischen Gebäuden, die nicht unter Denkmalschutz stünden, zu verhindern. "Dabei bezieht sich der Schutz in erster Linie auf den Erhalt des städtebaulichen Ensembles", sagte der Oberbaudirektor. "Ein Gebäude müsste also nicht erhalten werden, weil es selbst unter Schutz steht, sondern weil es für das Stadtbild oder das Flair des jeweiligen Stadtteils unverzichtbar ist. Solche Häuser sind manchmal für das Gefühl der Menschen ,Du bist noch in deiner Stadt' eminent wichtig."