Experten ziehen eine Bilanz zur Internationalen Bauausstellung – und loben die Entwicklung des lange vernachlässigten Stadtteils.

Wilhelmsburg. Fotos können Geschichte erzählen: Auf der großen Konferenz der Internationalen Bauausstellung (IBA) in Hamburg zum Thema „Wege des Wohnungsbaus im 21. Jahrhundert“ zeigten die Macher ein Foto der Neuenfelder Straße aus dem Jahr 2007 – damals eine Piste durch das Nirgendwo. Heute ist die Ödnis von einst die neue Mitte eines neuen Stadtteils, mit Behörde und Schwimmbad, Wälderhaus und Wohnungen. Die IBA wirkte in diesem Veränderungsprozess wie ein „Teilchenbeschleuniger“. Und die Verwandlung der Flussinsel durch IBA und Gartenschau (igs) ist erst der Anfang der Aufwertung des lange vernachlässigten Stadtteils. „Alle Prognosen sagen Hamburg weiteres Wachstum voraus“, sagte Prof. Rolo Fütterer, der den Masterplan Neue Mitte Wilhelmsburg entwickelt hat. „Dieses Wachstum erfolgt in Wilhelmsburg.“ Richtung Norden zum Spreehafen hin bietet der Stadtteil noch viel Raum. „Wilhelmsburg hat ein unglaubliches Potenzial.“

Stadtentwicklungssenatorin Jutta Blankau (SPD) lobte das neue Wilhelmsburg als „eines der innovativsten Quartiere Europas“. Bauausstellung und Gartenschau seien zwar die Höhepunkte, nicht aber die Schlusspunkte der Entwicklung. Ganz im Gegenteil: Der Senat will den Stadtteil weiterentwickeln. 5000 neue Wohnungen sollen entstehen, der soziale Wohnungsbau genießt Priorität. Weiter in die Zukunft richtete Rainer Bomba, Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, den Blick. Er forderte angesichts der Tatsache, dass Wohnen und Verkehr zusammen 70 Prozent der Energie verbrauchen, ein vernetztes Denken. So fördere das Bundesministerium in Deutschland sogenannte „Effizienzhäuser plus“, Gebäude die mehr Energie produzieren als sie verbrauchen und diesen Überschuss für Elektrofahrzeuge zur Verfügung stellen. Das Wilhelmsburger Velux-Lichtaktivhaus ist eines von 35 Modell-Gebäuden in der Republik. Deutschland, so Bomba, stehe wegen des demografischen Wandels, der Landflucht, der Energiewende sowie der Finanzkrise „vor gewaltigen Herausforderungen“.

Wilhelmsburg hat diese Herausforderungen längst angenommen. Auch die Internationale Gartenschau spielt in den Plänen eine wichtige Rolle. „Parks und Landschaftsbilder bilden die Struktur einer attraktiven Wohnstadt“, sagte igs-Geschäftsführer Heiner Baumgarten. „Um junge Familien in der Stadt zu halten, bedarf es Flächen zur Kultur und zur Erholung, für Sport und Gesundheit.“ Der Inselpark, der durch die igs entstanden ist, erfüllt gleich mehrere Aufgaben: Er soll ein Mitmach-Park sein, der Verbindungen, Treffpunkte und Identifikation schafft.

IBA-Geschäftsführer Uli Hellweg sieht Wilhelmsburg als Modell. Die Zeit der Speckgürtel sei vorbei, nun müssten die Metropolen ihre Hinterhöfe entwickeln. Damit meint Hellweg Stadtteile wie etwa Hammerbrook, die bislang ein Schattendasein fristen; Viertel, die er als „innere Peripherie“ bezeichnet, mit schlechter Infrastruktur, Industrie-Brachen, Kleingärten oder Großparkplätzen. „Wir müssen hier qualitätsvolle Quartiere entwickeln.“

So viel ist klar: Die IBA war für die Hansestadt erst der Anfang.