119 Eltern haben schon vor Monaten Widerspruch gegen Ablehnung künftiger Erstklässler eingelegt. Aber erst über 14 Beschwerden wurde entschieden.

Hamburg. Mehr als 100 Familien sind eine Woche vor Beginn der Sommerferien im Ungewissen darüber, an welcher Grundschule ihr Kind eingeschult wird. 119 Widersprüche haben betroffene Eltern bei der Schulbehörde eingereicht, weil ihr Kind nicht in die erste Klasse ihrer Wunschschule kommt. Aber erst 14 Widersprüche hat die Behörde bis Anfang Juni entschieden.

Eines dieser 105 Kinder, die nicht wissen, auf welche Schule sie kommen, ist Emma Hansen. Ihre Eltern möchten die Sechsjährige an der Grundschule Curslack-Neuengamme einschulen, auch wenn diese nicht zum Anmeldeverbund gehört. "Obwohl wir noch in Altengamme wohnen, liegt unser Lebensmittelpunkt in Curslack. Dort suchen wir ein Haus. Wir möchten unsere Tochter nicht wieder umschulen müssen, wenn wir etwas Passendes gefunden haben", sagt ihre Mutter Susanne Hansen. In Curslack gehen Emma und ihr Bruder Eyke in den Kindergarten. Beide sind im Curslacker Sportverein. Alle Freunde der Eltern und der Kinder wohnen dort. Doch die Schule lehnte eine Einschulung in Curslack ab. Gleich darauf, am 18. April, hatte Susanne Hansen Widerspruch eingereicht. Auf einen endgültigen Bescheid wartet die Familie noch immer. Sie fühlt sich von der Behörde hingehalten. "Wir bekommen bestimmt erst in den Ferien Bescheid, wenn wir verreist sind und Widerspruchsfristen nicht einhalten können." Sie wirft der Schulbehörde vor, die Eltern hinzuhalten: "Die spekulieren darauf, dass wir einlenken." Die Schulleiterin habe signalisiert, dass eine weitere erste Klasse eingerichtet werden könnte, wenn die Behörde das genehmigt.

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Von Widersprüchen betroffen sind 26 Grundschulen. Waren es vor drei Jahren lediglich 57 Widersprüche, stieg die Zahl 2011 auf 135 und verringerte sich in diesem wieder etwas. Besonders viele Widersprüche gab es laut Antwort auf eine Anfrage von Robert Heinemann, schulpolitischer Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion, in der Grundschule Thadenstraße in Altona-Altstadt (20), der Schule Fahrenkrön in Bramfeld (zehn), der Schule Windmühlenweg in Groß Flottbek (zehn), der Fridtjof-Nansen-Schule in Lurup (zehn) und der Grundschule Hasenweg in Sasel (zehn). Heinemann: "Die Schulbehörde muss dafür Sorge tragen, dass alle Eltern bis Ende dieser Woche einen Bescheid bekommen. Die Ungewissheit belastet enorm."

So auch der fünfjährige Paul, der die Vorschulklasse der Grundschule Curslack-Neuengamme besucht und für die erste Klasse abgelehnt wurde. Es wurde im vergangenen Jahr wie an vielen anderen Grundschulen auch in Curslack sogar eine weitere Vorschulklasse eingerichtet. 42 Grundschulen erhielten 43 zusätzliche Vorschulklassen. Jetzt werden in Hamburg insgesamt 185 Kinder, die zuvor die Vorschule besucht hatten, nicht wie gewünscht an derselben Grundschule aufgenommen. "Der Schulsenator hat ohne Berücksichtigung der Folgen entschieden, das Vorschulangebot auszubauen", kritisiert Robert Heinemann.

Beispiel Grundschule Hinter der Lieth in Lokstedt. 19 Kinder wurden abgewiesen, zwölf von ihnen gingen dort bereits in die Vorschule. "In der Schulbehörde hätten bei den Anmeldezahlen für die Vorschule im vergangenen Jahr alle Alarmglocken läuten müssen", sagt Elternratsvertreter Leif Bothmann. Auch dort war eine dritte Vorschulklasse eingerichtet worden. "Die Planer hätten erkennen müssen, was für Konsequenzen eine dritte Vorschulklasse hat", so Bothmann. Er fordert eine vierte erste Klasse. "Wir haben die Räume, und wir haben auch die Lehrkräfte." Weil der Schulentwicklungsplan vorgebe, welche Zügigkeit eine Schule haben soll, dürften Abweichungen nur innerhalb von sehr engen Grenzen genehmigt werden, sagt Peter Albrecht, Sprecher der Schulbehörde. "Oft wird von den Eltern übersehen, dass der Raumbedarf für die gesamte Grundschulzeit zur Verfügung stehen muss." Vorschüler hätten nicht das Recht auf eine Einschulung an derselben Schule. "Eine Zusicherung darf nicht erfolgen, weil niemand vorhersehen kann, wie die Anmeldesituation und die Schülerströme des kommenden Jahres sein werden", sagt Albrecht.

Emma Hansen aus Curslack glaubt, dass die Schule sie nicht haben möchte. So richtig freuen kann sie sich gar nicht auf ihre Einschulung. Die Ungewissheit könnte andauern: "Sicher wird es nicht gelingen, vor Beginn der Sommerferien alle Widersprüche erledigt zu haben", heißt es aus der Schulbehörde.