Bergedorf. Sportkegler starten in die neue 2. Bundesliga-Saison. Doch die Sorgen um die Zukunft der Sportart sind groß. Was dem Erfolgsteam droht

Ein solches Jubiläum gibt es im deutschen Sport wohl kein zweites Mal. Wenn die Sportkegler des SKV Bergedorf am 9. September in der 2. Bundesliga in die neue Saison starten, ist es genau 40 Jahre her, dass das Team den Aufstieg in die zweithöchste deutsche Spielklasse schaffte. Mit Michael Lüth, Volker Schütt, Joachim Kott und Carsten Bryde sind noch vier Spieler aus dem damaligen Aufstiegsteam von 1983 bei den Bergedorfern aktiv.

Seit vier Jahrzehnten mischen sie in der deutschen Bohlekegler-Szene ganz vorn mit, zuletzt bis zum Abstieg im Frühjahr sogar in der 1. Bundesliga. Eine Konstanz, die ihresgleichen sucht. Doch die stolze Historie der Bergedorfer Kegler ist auch Teil des Problems: Es kommt nichts nach. „Wir sind bei der Sportkegler-Vereinigung noch 33 Mitglieder“, berichtet Michael Lüth. „Davon sind nur drei unter 50 Jahre alt.“

Nachwuchssorgen: Neu gegründete Jugendabteilung wurde wieder aufgegeben

Mit Macht haben sie zuletzt versucht, das zu ändern. Vor zwei Jahren wurde eine Jugendabteilung gegründet, die Kegler gingen aktiv in die Öffentlichkeit, um Nachwuchs zu werben. Wenn die Jugend, so die Hoffnung, es erst einmal mit dem Kegelsport versuchen würde, dann würden sich einige schon dauerhaft für die als „Kneipensport“ verschriene Sportart begeistern.

Als der Arm noch heil war: Michael Lüth, der mit 51 Jahren in der Nationalmannschaft debütierte, von der SKV Bergedorf in Aktion (Archivbild von 2019).
Als der Arm noch heil war: Michael Lüth, der mit 51 Jahren in der Nationalmannschaft debütierte, von der SKV Bergedorf in Aktion (Archivbild von 2019). © Volker Koch

„Teilweise hatten wir dann tatsächlich sechs bis sieben Kinder, die regelmäßig bei uns gekegelt haben“, berichtet Lüth, der sich als Vereinssportwart um sämtliche Veranstaltungen des Clubs kümmert. Dieselbe Funktion hat der 65-Jährige auch beim Landesfachverband Hamburg für Kegeln und Bowling inne. Bei Lüth laufen im Kegelsport in der Hansestadt alle Fäden zusammen.

Kegeln vor 40 Jahren: Tausende liebten den Sport, Bahnen ständig ausgebucht

Lange hielt der Silberstreif am Horizont dann aber nicht. Irgendwann verlor der Nachwuchs die Lust am neuen Hobby. „Als es dann nur noch drei Kinder waren, mussten wir die Jugendabteilung wieder aufgeben“, bedauert Lüth. „Es hatte einfach keinen Sinn mehr.“

Damals, im Aufstiegsjahr 1983, war das alles noch ganz anders. Kegeln war „in“. Der Verein hatte rund 2000 Mitglieder, davon rund 600 bis 800 Sportkegler. Wir hatten eine große Jugendabteilung, aus der dann unsere Mannschaft hervorgegangen ist“, erinnert sich Lüth. Lauter junge Männer von Anfang 20, für die die Welt nicht groß genug sein konnte und die gleich bis in die 1. Bundesliga durchmarschierten.

Kosten verdoppelt: Die Energiekrise macht dem Kegelsport zu schaffen

Gekegelt wurde damals noch im Alt Lohbrügger Hof. „Dort gab es 20 Bahnen, die waren sieben Tage die Woche ausgebucht“, schildert Lüth. Heute ist der SKV Bergedorf im Holstenhof beheimatet, schon seit Jahrzehnten mittlerweile. „Wir sind einer von nur noch zwei Vereinen im Großraum Hamburg, die als Pächter einen eigenen Standort haben“, erläutert Lüth. „Doch wie lange noch?“

Denn die Finanzierung der Kegelbahnen wird immer schwieriger, nicht nur weil die Mitgliedsbeiträge weniger werden. Die Sportart gerät längst auch von einer ganz anderen Seite unter Druck: Energiekrise und Klimawandel. „Die Energiekosten haben sich im vergangenen Winter von 5000 auf 10.000 Euro verdoppelt“, rechnet Lüth vor.

Kegeln als Firmen-Event, Familienfeier oder Kindergeburtstag

Die einzige Möglichkeit, den Sportbetrieb zu finanzieren, besteht darin, die Bahn möglichst häufig zu vermieten. „Leider hat sich während der Corona-Pandemie die Zahl der Clubs, die regelmäßig bei uns gespielt haben, halbiert“, bedauert Lüth. Die SKV sucht daher dringend Firmen, die Interesse haben, die Bahnen im Holstenhof mal für ein Mitarbeiter-Event zu mieten. Auch Vereine oder Familienfeiern sind willkommen.

„Wir müssen versuchen, den Turnaround zu schaffen“, hofft Lüth auf bessere Verhältnisse im kommenden Winter. Sonst bleibt der SKV wohl nur ein Standortwechsel in irgendein Restaurant außerhalb von Bergedorf, das noch eine Kegelbahn im Keller hat. „Das ist vom Niveau her allerdings oft nicht dasselbe wie im Holstenhof, da die Kegelbahn in solchen Restaurants nur Nebensache sind und oft kaum gepflegt werden“, möchte Lüth einen solchen Schritt gern vermeiden.

Aufstiegsfavorit Pinneberg kommt zum Start in den Lohbrügger Holstenhof

Eine erfolgreiche Saison in der 2. Bundesliga wäre dabei natürlich auch ein Mosaikstein. Zusammen mit der SG Pinneberg, die gleich zum Saisonstart zum Nordduell nach Lohbrügge kommt (9. September, 13 Uhr, Holstenhof), sind die Bergedorfer das am höchsten spielende Team aus dem Großraum Hamburg. Am 10. September folgt dann gleich das zweite Heimspiel gegen die Itzehoer Sportkegler (11 Uhr, Holstenhof).

Die 1. Bundesliga wird derweil längst von den Clubs aus Berlin dominiert, die dort fünf der zwölf Teilnehmer stellen. Eine Rückkehr in Oberhaus ist für die Bergedorfer wohl illusorisch. „Für uns geht es in der 2. Bundesliga eher darum, die Klasse zu halten“, schätzt Lüth. „Die Favoriten auf den Aufstieg sollten die SG Pinneberg, die Sportfreunde Husum und der KC Einheit 95 Schwerin sein.“

Saison 2023/24: Der Jüngste im SKV-Team ist 34 Jahre alt

Mit Lüth, der sich den rechten Arm gebrochen hat, und Volker Schütt (Rückenprobleme) können zwei der Aufstiegshelden von 1983 zum Saisonstart nicht mitmischen. Also müssen es die anderen richten. Neben Carsten Bryde und Joachim Kott gehören noch Mannschaftskapitän Jürgen Böttcher (Lüth: „Das ist die arme Sau, die jedes Mal versucht, eine Mannschaft zusammenzubekommen“) sowie Heiko Titze, Thomas Bastian, Marcel Dubbe und Robert Köhn zum Team. Köhn ist mit 34 Jahren das „Küken“ der Mannschaft. Als einige seiner Teamkollegen zum ersten Mal in der 2. Bundesliga antraten, war er noch gar nicht geboren.

Kontakt: Wer die Kegelbahnen im Lohbrügger Holstenhof mieten möchte, wendet sich bitte an Michael Lüth, Telefon 040/73 92 67 77.