Bergedorf. Es ist vollbracht! Aufsteiger ASV Bergedorf 85 hat seinen ersten Bezirksliga-Sieg geschafft. Warum die Stimmung trotzdem gedrückt war

Als Justin Reimold, der Held des Tages, zufrieden vom Rasenplatz an den Sander Tannen in Richtung Kabinen stapfte, wurde der 20-jährige Torhüter des Fußball-Bezirksligisten ASV Bergedorf 85 schon von einigen Anhängern der „Elstern“ empfangen. „Na?“, fragte eine Spielerin der 1. Damen kess, „wie lange werden wir uns diese Geschichte denn nun anhören müssen?“ „Lange“, schmunzelte Reimold. „Sehr, sehr lange.“

Die besagte „Geschichte“ hatte sich zwei Minuten vor dem Ende der Partie gegen den SC Schwarzenbek zugetragen. Lange waren die Gäste vergeblich einer 1:0-Führung der Bergedorfer hinterhergerannt. Doch nun nutzte Gäste-Akteur Joscha Behrens mit der ganzen Erfahrung seiner zehn Landesliga-Jahre in Schwarzenbek und beim Düneberger SV einen Kontakt im Strafraum, um einen Elfmeter herauszuholen.

Erster „85“-Sieg, doch Tod des 2. Vorsitzenden sorgt für gedrückte Stimmung

Behrens trat selbst an, nahm nur zwei Schritte Anlauf für den Strafstoß und das auch noch schräg. Reimold sprang entschlossen nach links und begrub die Kugel im Nachfassen unter sich. „Als ich den Anlauf sah, wusste ich schon, in welche Ecke er schießen würde“, erläuterte der Keeper. „Bei der anderen Seite wäre die Gefahr, mit dem Standbein wegzurutschen, viel zu groß gewesen.“

Kurz vor Schluss bekam Schiedsrichter Tim Jonas Roling (Voran Ohe) einen Schuss unglücklich an den Kopf. Angelina von Elm, Physiotherapeutin des ASV, kümmerte sich um ihn.
Kurz vor Schluss bekam Schiedsrichter Tim Jonas Roling (Voran Ohe) einen Schuss unglücklich an den Kopf. Angelina von Elm, Physiotherapeutin des ASV, kümmerte sich um ihn. © Volker Koch | Volker Koch

Reimolds Instinkt sicherte den „Elstern“ den 1:0-Sieg und damit die ersten drei Punkte nach dem Aufstieg in die Bezirksliga. Doch in die Freude darüber mischte sich die Trauer über den plötzlichen Tod des 2. Vorsitzenden Detlev Ahrens, der wenige Tage zuvor im Alter von 62 Jahren verstorben war. Die Betroffenheit darüber war groß.

Detlev Ahrens – die treue Seele des ASV Bergedorf 85

„Er ist der Grund, warum ich in diesem Verein bin“, sagte Tugba Özgül, Stürmerin der 1. Damen des ASV Bergedorf 85, die mit ihrer Teamkollegin Diana Teibert die unbequeme Aufgabe übernommen hatte, bei Temperaturen von 31 Grad das Eintrittsgeld der 120 Besucher zu kassieren. „Das tun wir für Detlev“, betonte Özgül.

„Lieber Detlev, du sollst wissen, dass wir dich sehr vermissen“, schrieb ASV-Trainer Mario Meier in seinem Nachruf in der Stadionzeitung „Elsternpost“. „Du warst die treue Seele des Vereins, für jede Mannschaft immer da, ob es um den Vorstand ging, Platzkreiden, Schlüsseldienste, Schiedsrichter, Besprechungen, Getränke oder einfach nur ein Ohr fürs Wesentliche im Verein.“

Bryan Pinto Ferro trifft zur 1:0-Führung für den ASV Bergedorf 85

Wegen des Todes von Detlev Ahrens gab es eine Schweigeminute, und die Bergedorfer spielten mit Trauerflor. Die gedrückte Stimmung löste sich erst, als sich die Hausherren erste Chancen herausspielten. Nach einer Bergedorfer Ecke zwang Bryan Pinto Ferro den guten Gäste-Keeper Moritz Leibold zu einer Parade (25.). „Solche Dinger hatten wir schon zuhauf gegen Barsbüttel und Wentorf“, haderte ein „Elstern“-Fan auf der Tribüne. „Wir hätten die drei ersten Spiele nicht alle verlieren müssen.“

Sechs Minuten später war Leibold dann machtlos, als erneut Pinto Ferro eine Hereingabe von der rechten Seite zur 1:0-Führung verwertete (31.). Auf der Gegenseite hatte Schwarzenbeks Bester, Maximilian Menger, den Ausgleich auf dem Fuß, als er frei durch war, doch er fand seinen Meister in Reimold.

Fehlpass-Festival bei brütender Hitze an den Sander Tannen

Es war kein sonderlich gutes Spiel, um es mal höflich auszudrücken. Fehlpass reihte sich an Fehlpass wie Perlen an einer Kette. Beide Teams hatten große Probleme, den Ball auch nur für kurze Zeit mal in den eigenen Reihen zu halten. Viele Fehler waren aber sicherlich mit der brütenden Hitze zu entschuldigen, die den Akteuren die Sache äußerst schwer machte.

Nach dem Seitenwechsel drängten die Schwarzenbeker, die unzweifelhaft die besseren Fußballer in ihren Reihen haben, auf den Ausgleich, doch Bergedorf hielt mit viel Herz dagegen. Ein Beispiel: Als Joscha Behrens zentral durch ging, wurde er im letzten Moment von Faad Issifou fair vom Ball getrennt (54.). Dafür hatte der Bergedorfer extra einen 30-Meter-Sprint von der linken Seite herüber hingelegt.

Erster ASV-Sieg der Saison – „Psychologisch ganz wichtig“

So war der Heimsieg der „Elstern“ letztlich verdient. „Es war ein Kampfsieg, bei dem wir, mal abgesehen vom Elfmeter, die besseren Situationen hatten“, analysierte Meier. „Psychologisch ist dieses Erfolgserlebnis für uns ganz, ganz wichtig.“ Wie wichtig, das konnte man nach dem Schlusspfiff mühelos an der Miene von Keeper Justin Reimold ablesen.

ASV Bergedorf 85: Reimold – Nern (38. Gaertner), Toth, Stahs, Regitko – Pinto Ferro (69. Knop), Tokar, Pusch (69. Pusch), Issifou – Sorokin (86. Rockson) – Wagner (86. Namli).
SC Schwarzenbek:
Leibold – Sen, Ceesay (46. Hanich), Böhm, Nowak – Bennet Zaske, Johns – Rohroff (73. Stärker) – Schlüter, Behrens, Menger (62. Fynn Zaske).