Verbraucherzentrale warnt vor unabsehbaren Kosten. Versicherungen für Familien gibt es schon für knapp 55 Euro im Jahr. Der Abendblatt-Vergleich.

Hamburg. Oft genügt schon eine kleine Unachtsamkeit für einen teuren Schaden in fünf- oder sechsstelliger Höhe. Die vierköpfige Familie H. hatte ein Ferienhaus in Dänemark gemietet. Bevor der Grillabend richtig begann, kam es zur Katastrophe: Eine Unachtsamkeit des Vaters beim Anzünden und ungünstige Windverhältnisse entfachten ein Feuer, das schnell auf das kleine Ferienhaus übergriff. Es brannte komplett ab. Die Privathaftpflicht übernahm den Schaden in Höhe von 250 000 Euro.

+++ Warentest: Gute und günstige Familientarife +++

+++ News und Infos von Stiftung Warentest +++

Auch der 18-jährige Marcel G. hatte Glück im Unglück. Mit seinem Kite-Surfboard übersah er an einem äußerst stürmischen Tag einen Schwimmer in der Nordsee und verletzte ihn schwer. Behandlungskosten, Schmerzensgeld und Verdienstausfall summierten sich auf 25 000 Euro, die von der Versicherung seiner Eltern übernommen wurden. Denn die Familienpolice der Privathaftpflicht, die Marcel G.s Vater abgeschlossen hatte, gilt auch für volljährige, ledige Kinder, sofern sie noch eine Ausbildung absolvieren.

"Die private Haftpflichtversicherung ist eine der wichtigsten Policen überhaupt", sagt Edda Castelló von der Verbraucherzentrale Hamburg. "Deshalb ist es umso unverantwortlicher, dass fast jeder dritte Deutsche eine solche Versicherung nicht hat." Denn wer einem Dritten einen Schaden zufügt, haftet dafür unbegrenzt und mit seinem gesamten Privatvermögen. Ohne entsprechende Haftpflichtpolice riskiert man also den finanziellen Ruin. "Wenn es um existenzielle Risiken geht, setzen Verbraucher noch immer falsche Prioritäten", sagt Castelló. Dabei muss der Schutz für eine Familie nicht teuer sein. Die günstigste Police findet man ab 55 Euro im Jahr, wie ein Vergleich von Check24 zeigt. Auch Singles sollten auf die Absicherung nicht verzichten: Für sie werden im günstigsten Fall rund 40 Euro im Jahr fällig. "Eine Privathaftpflicht mit einer generellen Selbstbeteiligung zu wählen lohnt sich für die Verbraucher nicht", sagt Daniel Friedheim von Check24. Der Beitrag für die Familie würde sich im Jahr so nur um 14 Euro reduzieren. Die Selbstbeteiligung im Schadenfall liegt aber bei 150 Euro.

+++ Die günstigsten Haftpflichtversicherungen für Familien +++

+++ Die günstigsten Haftpflichtversicherungen für Singles +++

Wer bereits eine Haftpflichtversicherung hat, ist nicht automatisch gut abgesichert. "Sorgen bereiten uns die Altverträge, die vor zwei oder drei Jahrzehnten abgeschlossen wurden und teilweise nur eine Versicherungssumme bis 500 000 D-Mark bieten", sagt Thorsten Rudnik vom Bund der Versicherten. "Sie sind nicht mehr zeitgemäß und bieten keinen ausreichenden Schutz." Nicht weniger als fünf Millionen Euro Deckungssumme, rät Rudnik bei Neuabschlüssen. Viele Tarife bieten auch eine Versicherungssumme von zehn Millionen Euro. Doch damit ist es nicht getan. Denn nicht jeder Schaden ist bis zu dieser Höhe abgesichert.

Sehr gut kann man das an den Deckungssummen für deliktunfähige Kinder (siehe Tabelle) sehen. Für Familien ist das ein wichtiger Versicherungsbaustein. Wenn Kinder unter sieben Jahren einen Schaden anrichten, zahlt die Haftpflichtversicherung normalerweise nicht. Kinder und Eltern können nicht haftpflichtig gemacht werden, sofern die Eltern ihre Aufsichtspflicht nicht verletzt haben. Im Straßenverkehr liegt die Altersgrenze sogar bei zehn Jahren bis zu der Kinder für verursachte Schäden nicht haftbar sind.

Solche Schäden wie eine durch einen Ball zerborstene Fensterscheibe oder ein zerkratztes Auto ereignen sich aber meist im nachbarschaftlichen Umfeld. "Den Eltern ist deshalb um des lieben Friedens willen meist an einer Schadenregulierung gelegen", sagt Rudnik. "Die Deckungssumme für deliktunfähige Kinder sollte mindestens 20 000 Euro für Personen- und Sachschäden betragen." Bei der Ammerländer sind im Tarif Economic-Familie nur Personenschäden bis 10 000 Euro versichert. Sachschäden wie die zerschossene Fensterscheibe werden nicht ersetzt. "Das macht keinen Sinn", sagt Rudnik.

Zu den meisten Policen gehört jetzt auch eine Forderungsausfalldeckung. "Damit sind die Versicherungsnehmer abgesichert, wenn ihnen ein Schaden zugefügt wird, der Verursacher aber keine Privathaftpflicht hat und den Schaden nicht bezahlen kann", sagt Friedheim. Doch Rudnik hält diese Leistung eher für ein Marketinginstrument. "Es gibt sehr hohe Hürden, um diese Leistung in Anspruch nehmen zu können", sagt er. So müsse man gegen den Verursacher ein rechtskräftiges Urteil erstritten haben.

Wichtiger sind dagegen die Versicherungen für Gefälligkeitsschäden und Schlüsselschäden. Gefälligkeitsschäden können bei der Nachbarschaftshilfe entstehen, wenn man bei einem Umzug hilft und den Fernseher beschädigt. Rechtlich ist man nicht zum Schadenersatz verpflichtet. Die eigene Haftpflichtversicherung kann deshalb nur in Anspruch genommen werden, wenn Gefälligkeitsschäden mitversichert sind. "Schäden bis 10 000 Euro sollten hier versichert sein", sagt Rudnik. Auch der Verlust fremder, privater Schlüssel kann einen hohen Schaden verursachen, wenn Schließanlagen ausgetauscht werden müssen. Der Verlust von dienstlichen Schlüsseln muss häufig extra abgesichert werden. Wer gelegentlich Nachbars Hund betreut, sollte darauf achten, dass das Hüten fremder Hunde mitversichert ist.

Denn die Haftpflichtversicherung kommt längst nicht für alle Schäden im privaten Bereich auf. Die Jagd, das Segeln oder ferngesteuerte Flugmodelle und Autos erfordern eine separate Absicherung, ebenso wie viele Ehrenämter. "Auch Tierhalter, Vermieter und Bootsbesitzer benötigen spezielle Haftpflichtversicherungen", sagt Rudnik.