Drei Jahre Gängeviertel-Streit haben ein Umdenken bewirkt

"Es war einmal ..." So beginnen viele Märchen, in denen es Gute gibt und Schurken, Trottel und Schlaumeier. Am Ende heißt es in aller Regel versöhnlich: "Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute." Für das Märchen vom Gängeviertel, das vor drei Jahren dem tödlichen Ende durch kalt kalkulierte Investoren-Geldgier entkam, hieße diese Schlusspointe etwas anders: "Und da sie überlebt haben, planen sie für morgen." Die historischen Häuser sind dank des hartnäckigen Engagements von Künstlern, Architekten und Stadtplanern zu einem Symbol geworden für ein ganz anderes Hamburg, für eines, das sich kreativ und geistreich wehrte, für Bürger und Kreative, die der Obrigkeit gemeinsam sagten: So nicht, Leute. Es reicht uns jetzt. Hamburgs Image als tolerante, mitunter aber auch arg selbstgefällige Stadt hat enorm davon profitiert, dass man an dieser symbolträchtigen Adresse eben keinen schnellen Profit gemacht hat.

Die Gängeviertel-Belebung war ein epochales Signal, eine wichtige Kurskorrektur, aber keine komplette Kursumkehr. Skeptiker befürchten, vielleicht nicht ganz zu Unrecht, dass sie auch als Feigenblatt für Bausünden an anderen Adressen ausgenutzt werden kann: Das neue St. Pauli sieht keinen Deut weniger dahingeklotzt aus, in Altona beginnen bald die Bauarbeiten für ein schwedisches Möbelhaus mitten im Wohngebiet, obwohl man noch nichts Genaues über das Verkehrskonzept weiß. Aber im Verlauf dieser Debatte hat sich die Stadt immerhin von ihrer Verkaufsmaxime verabschiedet, dass stets nur der mit dem höchsten Gebot den Zuschlag erhält, nun geht es tatsächlich auch um das sinnvollste Konzept und nicht mehr nur um das lukrativste.

Wie das Gängeviertel organisiert sein wird, wer dort wie das Sagen hat, ist nach wie vor unklar. Man verhandelt. Man streitet. So soll es sein, auch wenn es anders - angeordneter - einfacher wäre. Die Stadt Hamburg hat den Gängeviertel-Besetzern viel zu verdanken, jeder Euro in die Sanierung ist bestens angelegt. Manchmal muss man eben zu seinem Glück ein kleines bisschen gezwungen werden.