Schicksal des Fünfjährigen macht viele Hamburger fassungslos. “Wie kann es sein, dass ein wehrloses Kind in den Mühlen der Justiz zerrieben wird?“

Hamburg. Seit Jahren gab es zu einem Thema nicht mehr so viele Leserbriefe: Das Justizdrama um das Pflegekind Dennis, über das das Abendblatt berichtete, macht viele Hamburger wütend und fassungslos. "Das ist einer der erschütterndsten Berichte, die ich je gelesen habe!", schrieb Tanja Sobersko. "Bitte hören Sie nicht auf, über diesen Skandal weiter zu berichten. Es muss doch ein Aufschrei der Empörung durch die Bevölkerung gehen über so viel Behördenwillkür und seelische Grausamkeit. Hoffentlich finden sich etliche Bürger und Politiker, die gemeinsam das Paar unterstützen. Dieser Fall setzt der Art und Weise, wie hier in diesem Land mit Kindern umgegangen wird, die absolute Krone auf."

Fünfeinhalb Jahre lang hatte der kleine Dennis glücklich bei seinen Pflegeeltern in Winsen gelebt. Vor drei Wochen aber holten Mitarbeiter vom Jugendamt Winsen ihn ab, weil Anna und Peter Schneider (alle Namen geändert) für einen weiteren Kampf um den Jungen die Kraft und die finanziellen Mittel fehlen. Seitdem lebt Dennis im Heim. Vom Amtsgericht Winsen wurden die Pflegeeltern immer wieder mit Strafgeldern bedrängt, weil sie mit Rücksicht auf Dennis' Gesundheit unbegleitete Besuchskontakte mit dem leiblichen Vater und der Großmutter in Hamburg verweigert hatten. Auf diese hatte der Junge stets mit massiven Essstörungen reagiert, was durch zahlreiche ärztliche Atteste belegt wurde.

+++ Das sagen die Abendblatt-Leser zum Fall Dennis +++

+++ Justizdrama: Der Fall Dennis +++

"Man kann diesen Bericht über die unglaubliche Ignoranz des Richters und aller beteiligten Behördenmitarbeiter kaum lesen, ohne dass einem die Tränen der Wut und Fassungslosigkeit in die Augen steigen. Tränen auch des unendlichen Mitleids mit einem so kleinen schützenswerten Wesen. Was hat dieser kleine Kerl schon alles ertragen müssen", schreibt Birgit Knoblauch. "Herzlichen Dank an die Journalisten, die solche Dinge öffentlich machen und hoffentlich zu mehr Reflexion in den entsprechenden Stellen beitragen."

Auch Heiko Böttcher ist empört: "Wie kann es sein, dass ein wehrloses Kind in den Mühlen der Justiz zerrieben wird und nicht zum Wohle des Kindes entschieden wird? Ich wünsche diesen bedauernswerten Pflegeeltern und vor allem dem Jungen viel Kraft. Und ich hoffe inständig, dass es noch nicht zu spät ist und er noch eine Chance bekommt, schnellstmöglich wieder dorthin zurückzugehen, wo er hingehört, nämlich zu seinen Pflegeeltern."

Ob es diese Chance gibt, ist fraglich. Derzeit wird ein Sachverständigengutachten über Dennis erstellt, als Grundlage für das weitere Vorgehen in diesem Fall, der längst die Politik auf den Plan gerufen hat. "Dieses Pflegekindschicksal führt uns sehr deutlich vor Augen, in welche Sackgasse unsere Gesellschaft mit ihrer hergebrachten Rechtsetzung im Pflegerecht zu geraten scheint", sagt Udo Heitmann (SPD), Vorsitzender des Jugendhilfeausschusses im Landkreis Harburg. In dem Rechtskonstrukt aus Elternrechten, Zwangsentzug, Amtsvormundschaften und Pflegeunterstützung "sollte rechtlich das Wohl der Kinder im Vordergrund stehen". Heitmann wünscht sich in dem konkreten Fall von allen Beteiligten, "an den Grenzen des rechtlich Machbaren eine schnelle Entscheidung zu treffen". Und zwar eine, die Dennis "ein Mindestmaß an Gewissheit zurückgibt: 'Mich liebende Mitmenschen haben mich in die Erwachsenenwelt begleitet.'"

Noch in dieser Woche will sich Niedersachsens Justizminister Bernd Busemann (CDU) zu dem Fall äußern.