Das Justizdrama hat Folgen - nicht nur für Pflegekind Dennis

Es ist ein Fall, der zunächst fassungslos macht. Und dann wütend. Da ist ein Ehepaar, das einen kleinen Jungen bei sich aufnimmt. Ein Kind, das es als Sohn einer Drogensüchtigen und eines Alkoholikers schon im Bauch der Mutter schwer hatte. Die Pflegeeltern lieben diesen kleinen Jungen, als sei er ihr eigenes Kind. Aufopferungsvoll kümmern sie sich um Dennis, wenn dessen Körper nach den gesetzlich verordneten Treffen mit dem aus der Haft entlassenen, leiblichen Vater zeigt, wie das Kind diese Nachmittage offenbar findet: Der Junge erbricht sich, oft tagelang.

Dennoch müssen die Pflegeeltern, bei denen der Junge "für immer" bleiben will, diesen Umgang zulassen. Der Richter droht ihnen mit einem Strafgeld. Am Ende ergeht ein Urteil im Namen des Volkes - zum Unwohl des Kindes. Dennis kommt in ein Heim, weil es den Pflegeeltern an "professioneller Distanz" zum Kind mangele. Kurz: Sie liebten es wohl zu sehr.

Geht das? Wo hat dieser Staat sein Herz, will man schreien. Kühler betrachtet, muss man konstatieren, dass es sich bei diesem Schicksal hoffentlich doch um einen Einzelfall, um ein besonders perfides Machtspiel zwischen einem Richter und einem Elternpaar handelt. Jetzt grundsätzlich mehr Rechte für Pflegeeltern einzufordern, wäre zu kurz gesprungen. Denkt man nur zurück an das tödliche Schicksal der elfjährigen Chantal aus Wilhelmsburg. Das Mädchen war im Januar an einer Methadonvergiftung gestorben. Zu Hause. Also bei den drogenabhängigen Pflegeeltern, bei denen das Jugendamt das Mädchen untergebracht hatte. Diese Pflegeeltern waren offenbar nicht annähernd so oft kontrolliert worden, wie die liebenden Pflegeeltern des kleinen Dennis schikaniert wurden. Wie ist das möglich? Es scheint eine Farce.

Was am Ende bleibt, ist ein kleiner Junge im Heim, der in jungen Jahren schon so viel Beziehungsabbrüche erleiden musste, dass man sich um sein Seelenheil ernsthaft sorgen muss. Und die Befürchtung, dass nach dem aktuellen Fall, einem Nerven und Kind raubenden Justizdrama, noch weniger Menschen bereit sein werden, sich um ein Pflegekind zu kümmern. Zum Leidwesen bedürftiger Kinder. Das macht dann nur noch traurig.