Fall Chantal - Chefin des Jugendamts muss gehen

Der Schritt war überfällig. Gestern hat der selbst im Zentrum der Kritik stehende Bezirksamtsleiter von Hamburg-Mitte, Markus Schreiber, seine Jugendamtschefin von ihren Aufgaben entbunden. Endlich, möchte man sagen. Endlich hat behördliches Versagen im Fall der vom Drogenersatz Methadon tödlich vergifteten Chantal personelle Konsequenzen. Endlich wurde eine schreckliche Anhäufung von Inkompetenz, Desinteresse und Gefühllosigkeit nicht weiter hingenommen. Ob es reicht, allein die Jugendamtsleiterin freizustellen, wird sich aber noch zeigen. Ja, es war wieder, wie schon im Fall der verstorbenen Lara-Mia, das Jugendamt von Mitte, das offensichtlich versagt hat. Es war wieder die Amtsleiterin, die sich öffentlich hinter Behördenfloskeln versteckte, statt Menschlichkeit zu zeigen. Aber es war auch erneut die Behörde des Markus Schreiber.

Noch halten sich Politiker mit dem Ruf nach Konsequenzen für den Mann zurück, der schon im Umgang mit Obdachlosen unter der Kirsten-Miles-Brücke versagt hat. Bis gestern Nachmittag, als die CDU vorpreschte, hatte noch nicht einmal die Opposition die Ablösung gefordert. Dafür ist es noch zu früh. Aber Schreiber weiß, dass es nur ein ganz schmaler Grat ist, auf dem er wandelt. Ein weiterer Fehler, ein weiteres Versäumnis und er dürfte der nächste Bezirksamtsleiter sein, der unter Olaf Scholz gehen muss - aber der erste mit SPD-Parteibuch.

Wie es zu diesem frühen Stadium der Aufklärung scheint, gibt es nicht eine Ursache für den Tod von Chantal, sondern eine Verkettung mehrerer. Niemand hat angeblich die Drogensucht der Pflegeeltern bemerkt, weder die Mitarbeiter des Amtes noch der mit der Betreuung beauftragte Verein. Ein Verein, der mit Fallpauschalen bezahlt wird, weitgehend unabhängig vom Aufwand. Das heißt: Je weniger er tut, desto besser ist umgerechnet die Bezahlung. Übrigens: Dieser Verein nahm keinen Anstoß, dass die Kinder in der Familie noch nicht einmal eigene Betten oder einen Schrank hatten für ihre Kleidung.

Für all das trägt die Jugendamtsleiterin die fachliche Verantwortung. Die politische bleibt trotz deren Freistellung bei Markus Schreiber.