Firmen lehnen Auftrag für Nationalpark-Station auf Neuwerk als “nicht lohnend“ ab. Verwaltung musste schon in Ferienwohnung umziehen.

Neuwerk. Rund 120 000 Menschen besuchen jedes Jahr die kleine Hamburger Insel Neuwerk, die sich 13 Kilometer nordwestlich vor Cuxhaven in der Deutschen Bucht erstreckt. Viele Schüler sind darunter, Familien und Pensionäre. Nur Handwerker, genauer: Bauarbeiter, lassen sich nicht nach Neuwerk locken.

Das hat einen einfachen Grund: Die Stadt Hamburg hat sich bei einem der wichtigsten Bauvorhaben auf dem Eiland, das in Länge und Breite jeweils maximal 2,2 Kilometer erreicht, mächtig im Preis vertan. Dieser wird nämlich vom Baugewerbe als zu gering angesehen. Kein Unternehmer will zu diesen Bedingungen bauen.

Ganz konkret geht es um den Abriss und Neubau der Nationalpark-Station Neuwerk. Das Verwaltungsgebäude, ein ehemaliges Leuchtturmwärterhaus aus dem Jahr 1904, ist marode. Eine Sanierung ist aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr möglich. Die Verwaltung musste bereits in eine Ferienwohnung umziehen. Die allerdings kann nur als Übergangslösung angesehen werden.

Von diesem Zustand kann sich nun auch die zuständige Umweltsenatorin Jutta Blankau (SPD) ein Bild machen. Am Montag nimmt sie auf Neuwerk nämlich die Urkunde zur Anerkennung des Hamburgischen Wattenmeers als Unesco-Weltnaturerbe entgegen. Wie berichtet, hatte das internationale Komitee diesen Teil des Nationalparks Ende Juni in die Liste der Welterbestätten der Menschheit aufgenommen. Es ist Blankaus erste Reise nach Neuwerk als Umweltsenatorin.

Auch vor dem Hintergrund dieser Auszeichnung hatte die Bürgerschaft bereits im vergangenen Jahr, laut Umweltbehörde einstimmig, 560 000 Euro für den Neubau bewilligt. Schließlich wird die Nationalpark-Station als "Aushängeschild" angesehen. Sie sei "Anlaufpunkt" und werde von den Inselgästen regelmäßig genutzt, heißt es in einer Mitteilung des Senats. Die Station beherbergt unter anderem die Unterkunft für den Ranger, also den Nationalparkbetreuer, weitere Übernachtungszimmer für Mitarbeiter sowie ein kleines Labor und ein Büro für die Verwaltung. Das dazugehörige Informationszentrum mit einer Ausstellung über das Wattenmeer, ist bereits 2004 erneuert worden.

Der Preis in Höhe von 560 000 Euro war von der Baubehörde errechnet worden, sagt Behördensprecher Volker Dumann. Doch kein Bauunternehmer wollte den öffentlichen Auftrag für dieses Geld annehmen. Die Angebotspreise übertrafen die Erwartungen der Behörde bei Weitem. Auch eine zweite Ausschreibung brachte keine Reduzierung der Kosten. Es bestehe offenbar nur ein geringes Interesse der Baufirmen, lautet das Fazit in einer Senatsmitteilung, in der es heißt: "Die Unternehmen haben, bedingt durch die derzeit sehr gute konjunkturelle Lage im Baugewerbe, volle Auftragsbücher."

Möglicherweise haben sich die Beamten beim sogenannten Inselfaktor vertan. Eine Baustelle auf einem Eiland bindet Mitarbeiter. Diese können nicht wie an Land an mehreren Baustellen nach Bedarf eingesetzt werden. Firmen, die auf Inseln bauen, müssen Arbeiter allein für dieses eine Projekt abstellen. Die Kosten für die Unterbringung des Personals sowie die Kosten für den Transport auf die Insel wurde von den bietenden Firmen deutlich höher angesehen als von der Umweltbehörde.

Diese geht nun von einem Preis in Höhe von 743 000 Euro aus, also 183 000 Euro mehr, was einem Plus von knapp 33 Prozent entspricht. Wie die Behörde die zusätzlichen Kosten aufwenden will, weiß sie auch schon: Im Haushalt ist ein Titel für "Maßnahmen zur Reduzierung des Wasserverbrauchs in öffentlichen Einrichtungen" vorhanden, der zur Finanzierung der Mehrkosten herangezogen werden könnte.

Kurt Duwe, umweltpolitischer Sprecher der FDP-Bürgerschaftsfraktion, glaubt nicht, dass dieses Vorhaben funktionieren kann. "Ich bin mal gespannt, wo genau das Geld am Ende herausgenommen wird." Dass ein Neubau dringend erforderlich ist, daran zweifelt er nicht. "Ich kann die Kostensteigerung nachvollziehen. Der Preis ist aber viel zu gering angesetzt worden."

CDU-Umweltexpertin Birgit Stöver zeigt sich angesichts der Steigerung erstaunt. Sie könne nicht nachvollziehen, warum der geforderte Preis 33 Prozent höher liegt als der ursprünglich errechnete - und geht die Unternehmen dabei scharf an: "Das Baugewerbe schreit immer nach dem Staat, wenn es ihm schlecht geht", sagt Stöver. "Aber wenn es ihm gut geht, dann hat es offensichtlich keine Lust zu bauen."