Die Muttergesellschaft ThyssenKrupp schließt Absichtserklärung mit Briten für eine Übernahme. 1400 Stellen sollen gesichert werden.

Hamburg. Die Chancen für eine Übernahme des zivilen Schiffbaus von Hamburgs Traditionswerft Blohm + Voss durch einen britischen Finanzinvestor sind deutlich gestiegen. Die Muttergesellschaft ThyssenKrupp hat dafür jetzt eine detaillierte Absichtserklärung mit den Briten unterzeichnet. Mit der Vereinbarung sollen 1400 der insgesamt 1900 Stellen des Unternehmens für die Zukunft gesichert werden. "Ohne diese Übernahme hätten bei Blohm + Voss bis zu 240 der 675 Stellen im Schiffbau abgebaut werden müssen, weil ThyssenKrupp künftig keine Großyachten mehr bauen will", hieß es dazu gestern aus unternehmensnahen Kreisen gegenüber dem Hamburger Abendblatt.

Die Engländer werden nun über sechs bis acht Wochen die Zahlen des Hamburger Unternehmens prüfen. "Dann könnte frühestens Ende September eine Entscheidung fallen", hieß es dazu gestern weiter. Über die neue Lage für die Werft informierte das Management von Blohm + Voss gestern auch die Belegschaften der drei Betriebe von Blohm + Voss bei einer Belegschaftsversammlung. Neben dem Schiffbau gehören dazu die Reparatur und zudem der Maschinenbau bei Blohm + Voss Industries.

Von den drei Belegschaften waren gestern gut 500 Beschäftigte in die Halle 2 der Maschinenbauer gekommen. "Wir sehen die neue Entwicklung abwartend optimistisch", fasste Blohm + Voss-Betriebsrat Herbert Oetting die Stimmung während der gut einstündigen Veranstaltung zusammen.

Klar ist: Mit der Vereinbarung ist der nächste Schritt zu einer Aufteilung von Blohm + Voss getan. Denn die auf den Marineschiffbau ausgerichtete Konstruktions- und Entwicklungsgesellschaft Blohm + Voss Naval mit 500 Beschäftigten in Hamburg und Emden will ThyssenKrupp behalten. Dagegen hatte Heino Bade, der Schiffbauexperte der IG Metall Küste, zuletzt darauf verwiesen, dass ein Investor sowohl ein industrielles Konzept für den zivilen als auch den militärischen Schiffbau der Werft bieten sollte.

Den Namen des potenziellen Investors hält ThyssenKrupp weiter geheim. Das Unternehmen habe seit dem Jahr 2000 etwa zehn Firmen, davon die Hälfte in Deutschland erworben, heißt es dazu in einem Schreiben an die Mitarbeiter, das dem Abendblatt vorliegt. Der neue Interessent habe unter anderem in die Ölindustrie, in Logistikfirmen, Kraftwerke oder auch Gesundheitsfirmen mit bis zu 5000 Mitarbeitern weltweit investiert, sagte Blohm + Voss-Chef Herbert Aly. Einen Namen nannte aber auch er bei der Versammlung nicht.

Schon heute geht ThyssenKrupp davon aus, dass die Briten die drei Betriebe von Blohm + Voss nach einigen Jahren weiterverkaufen werden. "Das sollte aber die Belegschaft nicht schrecken", heißt es dazu aus den unternehmensnahen Kreisen. Vielmehr biete die Übernahme die Chance, Geschäft und Arbeitsplätze zu sichern und sogar auszubauen. "Wertsteigerungen bei den Unternehmen nach Heuschreckenmanier durch einen Personalabbau oder sonstiges Aushöhlen von Unternehmen wird es bei Blohm + Voss nicht geben", wird in dem Mitarbeiterbrief versprochen. Auch das Management der Werft soll von dem neuen Eigentümer übernommen werden.

Die Werftführung setzt derzeit auf einen neuen Auftrag über eine Großyacht. Das Projekt sei "sehr konkret", heißt es dazu. Das Schiff soll mehr als 100 Meter lang werden. Noch für dieses Jahr könnte ThyssenKrupp auch einen internationalen Fregattenauftrag unterzeichnen, der die Beschäftigung der Werft neben dem im Mai begonnenen Bau von vier Fregatten für die Deutsche Marine weiter absichern würde.

Die Hamburger Wirtschaftsbehörde wollte gestern die neue Lage bei der Werft nicht bewerten. "Es geht hier um eine Unternehmensentscheidung, zu der es aber offensichtlich keine Alternative gab", sagte die Sprecherin der Behörde, Susanne Meinecke. Mit einem neuen Konzept auseinandersetzen werde man sich erst, wenn man etwa über Bürgschaften um Hilfe gebeten werde. Das sei aber bisher nicht geschehen.

"Auch wir warten jetzt darauf, dass der Investor sich in Hamburg vorstellt. Vorher lässt sich die neue Situation nicht bewerten", sagte der Sprecher der IG Metall Küste, Heiko Messerschmidt.

Der Verkauf des Großteils von Blohm + Voss an die Schiffbauholding Abu Dhabi Mar (ADM) war nach knapp zwei Jahre andauernden Verhandlungen gescheitert. Beide Seiten hatten die Chancen für das Geschäft, bei dem ADM auch in den Militärschiffbau einsteigen wollte, zuletzt als nicht mehr tragfähig angesehen und ihre Gespräche Anfang Juli beendet.