Die Hamburger PC-Spielebranche braucht 500 Experten und wirbt mit ungewöhnlichen Vergünstigungen um neue Mitarbeiter.

Hamburg. An der Arbeitsatmosphäre kann es nicht liegen. Neuen Mitarbeitern rollt die Hamburger Spieleschmiede Goodgame Studios geradezu den roten Teppich aus. Swimmingpool, Fitnessraum und kostenloses Feierabendbier gibt es am Bahrenfelder Firmensitz ebenso wie regelmäßige Wii-Spieleabende und eine Kooperation mit einem Kindergarten. Ein wahres Schlaraffenland für Computerfreaks, fast so schön wie in den vergangenen Zeiten der New Economy.

Dennoch fällt es dem jungen Hamburger Unternehmen extrem schwer, neue Beschäftigte zu finden. "Wir suchen derzeit 150 neue Mitarbeiter", sagt Christian Wawrzinek, der die Firma mit rund 100 Beschäftigten zusammen mit seinem Bruder Kai führt. Hintergrund für den enormen Bedarf an Fachkräften ist das rasante Wachstum des Unternehmens, das sich auf einfache, browserbasierte Computerspiele im Internet spezialisiert hat.

Gerade mal vor zwei Jahren gegründet, hat Goodgame Studios nach eigenen Angaben schon mehr als 30 Millionen registrierte Nutzer weltweit. In Onlinespielen wie Goodgame Poker treten sie gegeneinander an, kämpfen in einem Mafiaspiel um die Vergrößerung ihrer Territorien oder bestellen in Goodgame Farmer virtuelle Felder mit Erdbeeren, Mais oder Sonnenblumen. Während die Grundversionen der Programme kostenlos sind, können die Teilnehmer im weiteren Spielverlauf neues Saatgut, Fahrzeuge oder Waffen zukaufen, um ihren Bauernhof oder Mafiaterritorien auszubauen.

"Wir brauchen vor allem erfahrene Softwareentwickler, die sich mit Programmiersprachen für das Internet wie Java oder PHP auskennen", sagt Christian Wawrzinek. Solche Experten seien derzeit in ganz Deutschland kaum noch zu finden. Daneben gebe es aber auch gute Chancen für Quereinsteiger. "Wichtig sind vor allem Motivation, Intelligenz und der Wunsch, etwas zu bewegen", meint der Chef, der selbst einen Doktortitel in Zahnmedizin besitzt.

So wie in den Goodgame Studios sieht es derzeit in vielen Spielefirmen aus. "In der Hamburger Games-Branche gibt es im Augenblick rund 500 freie Stellen", sagt Achim Quinke vom Netzwerk Gamecity:Hamburg, zu dem sich rund 1800 Akteure der Branche zusammengeschlossen haben. Vor allem der Boom bei Onlinespielen sorge dafür, dass die Branche um 15 bis 20 Prozent im Jahr wachse. "Da kommen wir mit der Ausbildung der notwendigen Experten kaum hinterher."

Zwar gibt es an der Hamburger Hochschule für Angewandte Wissenschaften mittlerweile einen Masterstudiengang für angehende Spieleentwickler, doch die bislang gerade einmal 14 Absolventen sind kaum mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein. Gern nehmen Hamburger Spieleschmieden auch Informatikstudenten von der Fachhochschule Wedel, aber die bekommen auch lukrative Angebote von anderen IT-Firmen, die ebenfalls nach Fachkräften suchen.

Um dem Personalmangel abzuhelfen, startete Gamecity:Hamburg jüngst sogar eine Werbetour durch Ostdeutschland. Zusammen mit Vertretern der Firmen Daedalic, Fishlabs, Gamigo und Goodgame Studios klapperte das Netzwerk Universitäten in Weimar, Jena und im thüringischen Ilmenau ab. Immer mit dem Ziel, angehende Programmierer, Community-Manager oder Online-Marketingexperten für die Arbeit an der Elbe zu gewinnen. "Eine ähnliche Tour planen wir demnächst auch in Großbritannien", sagt Netzwerksprecher Quinke. Dort liege die Spielebranche nämlich ziemlich am Boden, weil es die britischen Firmen versäumt hätten, frühzeitig auf die boomenden Games im Internet zu setzen.

Auf der letzten Werbetour dabei waren auch Vertreter der Hamburger Firma Innogames, die gerade mit ihrem Onlinestrategiespiel Grepolis für Aufsehen in der Szene sorgt. Im antiken Griechenland können die Teilnehmer Schlachten schlagen, See- und Landeinheiten befehligen und mit anderen Spielern Allianzen schmieden.

"Wir könnten monatlich zehn neue Spiele-Entwickler einstellen, wenn wir sie denn bekämen", sagt Unternehmenssprecherin Sarah Lüken. Derzeit habe man 24 offene Stellen. Bis zum Ende des Jahres soll die Zahl der Mitarbeiter von 150 auf 200 steigen. Einen Teil des Fachkräftemangels versucht Innogames mit eigenen Auszubildenden und der Teilnahme an einem dualen Studiengang für Wirtschaftsinformatik und Onlinemarketing zu beheben. Zudem werbe man zunehmend Fachleute aus Osteuropa an.

Auf Experten aus dem Ausland setzt auch der Platzhirsch der Hamburger Gaming-Szene, Bigpoint. Mit rund 600 Beschäftigten sind die Pioniere der browserbasierten Onlinegames die mit Abstand größten Arbeitgeber in der Hansestadt. Laut der Internetseite von Bigpoint sucht das Unternehmen derzeit rund 80 neue Mitarbeiter in der Hansestadt.