Mehr als 80, größtenteils hochwertige, Fahrräder wurden in einem Einfamilienhaus in Schnelsen sichergestellt. Die Diebin fiel im Internet auf. Teil der Beute wurden schon den Eigentümern zugeordnet.

Eimsbüttel. Der Hamburger Polizei ist einer der größten Schläge gegen den organisierten Fahrraddiebstahl der vergangenen Jahre gelungen: Mehr als 80, größtenteils hochwertige, Fahrräder wurden in einem Einfamilienhaus in Schnelsen sichergestellt. Die 19-jährige Tatverdächtige Giannina J., die die Räder gestohlen haben soll, wurde verhaftet. Gegen ihren Komplizen, einen 24 Jahre alter Lebensmittelverkäufer, der die gestohlenen Fahrräder im Internet über eBay angeboten und verkauft haben soll, wird wegen Hehlerei ermittelt.

„Wir freuen uns sehr über diesen großen Fahndungserfolg. Mit der Zerschlagung des Diebes- und Hehlernetzwerks ist uns ein empfindlicher Schlag gegen den Fahrraddiebstahl im Bezirk Eimsbüttel gelungen“, sagte Polizeihauptkommissar Holger Clas dem Abendblatt.

Die Polizisten waren den Dieben auf die Spur gekommen, als eine Frau, 46, ihr im Keller ihres Hauses gestohlenes Fahrrad kurz darauf in einer Kleinanzeige auf eBay wiederentdeckt hatte. Sie meldete den Vorfall der Polizei. Die trat als erstes an den Verkäufer heran und durchsuchte dessen Haus in der Kalvslohreystraße in Schnelsen: „Es war unglaublich. In sämtlichen Räumen fanden wir gestohlene Fahrräder“, berichtet der Kommissar.

Im Keller, in einem Schuppen und auf einem Autoanhänger wurden seine Beamten ebenfalls fündig. In einer Werkstatt waren Räder für den Verkauf vorbereitet worden. Sechs Polizisten hatten einen ganzen Tag lang allein damit zu tun, die gestohlenen Räder vom Hof zu bringen und mit drei Lkws in eine Sammelstelle zu verfrachten.

Polizisten lauern im Gebüsch – Falle schnappt im Basselsweg zu


Der Hehler gestand seine Taten ein – und arbeitete fortan mit den Ermittlern zusammen: Als die 19-jährige Giannina J. dem Hehler am Donnerstag erneut zwei gestohlene Fahrräder verkaufen wollte, die sie ihm zuvor mit hübschen Fotos über den Nachrichtendienst WhatsApp angeboten hatte, schnappte die Falle zu: Am verabredeten Übergabeort im Basselweg in Stellingen lauerten die Fahnder im Gebüsch und ergriffen die junge Frau, als sie gerade das erste Fahrrad „verkauft“ hatte. Die Frau, die drogenabhängig sein soll und keinem Beruf nachgeht, sitzt seit Freitagnachmittag in Untersuchungshaft.

„16 Fahrräder konnten wir anhand der Rahmennummern bereits wieder den Eigentümern zuordnen. Nach den Rädern wurde europaweit gefahndet“, sagt Clas. An den übrigen Rädern werden Spuren gesichert.

„Es sind sehr viele hochwertige, darunter Marken wie Stevens, Bergamont, Raleigh, Kreidler, Hercules und Manufakturräder“ sagt der Polizeibeamte Andreas Fentroß, der für den Bereich Fahrradkriminalität zuständig ist. Er schätzt den Wert der Räder auf durchschnittlich 500 Euro pro Stück.

Mehr Festnahmen im vorigen Jahr – Aufklärungsquote bleibt niedrig


Fotos der Räder, die sich nicht zuordnen lassen, sollen demnächst im Internet unter www.hamburg.de/polizei veröffentlicht werden. Lässt sich der Eigentümer eines gestohlenen Rades nicht feststellen, muss es an den Dieb zurückgegeben werden. „Deshalb ist unser Wunsch an die Hamburger: Notieren Sie sofort nach dem Kauf die unter dem Tretlager eingravierte Rahmennummer und alle weiteren Daten“, rät Kommissar Clas. Die Anzahl der Festnahmen im Zusammenhang mit Fahrraddiebstählen lag in Hamburg mit 84 im Jahr 2014 etwas höher als im Vorjahr mit 65 Festnahmen – was bei der Polizei vor allem auf die „Herbstoffensive“ zurückgeführt wird.

Am häufigsten werden Fahrräder in der Hamburger Innenstadt gestohlen. „Dabei sind neuralgische Punkte wie Bahnhöfe, Schulen und die Uni bei Dieben beliebt“, sagt Polizeisprecher Holger Vehren.

Fahrräder entwickelten sich zunehmend zum Lifestyle-Produkt. Vom Trekking- und Rennrad bis zum Eingangrad reicht die Bandbreite. Umso erstaunlicher: „Jedes sechste Fahrrad ist vollkommen ungesichert“, sagt Vehren.

Die Anzahl der angezeigten Fahrraddiebstähle in Hamburg lag im Jahr 2014 etwa auf Höhe des Vorjahres mit 15.100 Fällen. Auch der Gesamtschaden blieb weitgehend gleich. Er wird für 2013 mit 7,4 Millionen Euro beziffert.

Die Aufklärungsquote von 4,4 Prozent stellt niemanden zufrieden. Lohnt es sich überhaupt, einen Fahrraddiebstahl anzuzeigen, sofern das Rad nicht versichert ist? „Wenn die Rahmennummer bekannt ist, auf jeden Fall“, sagt Kommissar Clas. „Jede Individualnummer wird von uns nach einem Diebstahl europaweit zur Fahndung ausgeschrieben.“