Irritationen durch Interview mit Präsident Alfons Hörmann. Senat lehnt Referendum vor Kandidatenkür ab

Hamburg/Frankfurt. Am Morgen danach waren beide Seiten um Diplomatie bemüht. Innen- und Sportsenator Michael Neumann bloggte auf seiner Homepage unter der Überschrift „Große Gelassenheit“, dass es „im Ergebnis nichts Neues“ gebe. Und beim Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) hieß es, dass Präsident Alfons Hörmann in seinem Interview mit der FAZ doch nichts „substanziell Neues“ zum Thema der deutschen Olympia-Bewerbung gesagt habe. Bürgermeister Olaf Scholz sagte bei der Hamburg Soirée im Business Club an der Elbchaussee am Montagabend (Bericht S. 23) zu den Hörmann-Äußerungen: „Es gibt keinen neuen Sachstand, und zu Spekulationen äußern wir uns nicht.“

Dabei hatte dieses Interview in der Nacht zum Montag für große Unruhe gesorgt. Denn in der Vorabmeldung hieß es, dass Hörmann für Volksbefragungen in beiden Städten plädiere. Erst dann wolle man entscheiden, um eine Wiederholung des München-Debakels zu vermeiden. Im November 2013 hatte die Mehrheit der Bürger in der Region eine Bewerbung um Olympische Winterspiele 2022 abgelehnt.

Der DOSB wertet dies nun als überzogene Interpretation. Und in der Tat legt sich Hörmann auf die Frage der FAZ, ob man Bürgerentscheide abwarte, nicht fest: „Das ist nicht einfach. Vorher wird in Berlin im Dezember ein neuer Regierender Bürgermeister antreten, in Hamburg wird im Frühjahr die Bürgerschaft neu gewählt. Wir müssen gemeinsam mit den Städten besprechen, welches in dieser Frage die richtige Schrittfolge ist.“ Hörmann sagt dann allerdings weiter: „Die schlechteste Variante wäre, dass wir uns auf eine Stadt festlegen und deren Bürger das Projekt dann nicht unterstützen.“

Aus der Sicht des Senats ist die Frage der „richtigen Schrittfolge“ längst entschieden. Erst soll der DOSB den Kandidaten küren, dann das Volk befragt werden. Dass Neumann auf eine entsprechende öffentliche Replik gegenüber Hörmann am Montag verzichtete, war vor allem der Diplomatie geschuldet. Nichts soll den olympischen Traum gefährden, vor allem kein Konflikt mit Hörmann, der intern als Befürworter Hamburgs gilt.

Dass der DOSB nach der München-Blamage die Olympia-Stimmung in beiden Städten möglichst genau ausloten will, weiß der Senat. Angeblich hat der Verband eigens repräsentative Umfragen in Auftrag gegeben, deren Ergebnisse jedoch Verschlusssache sein sollen.

Aus Sicht des DOSB hätten Volksbefragungen vor einer Entscheidung für einen Kandidaten deutlich mehr Charme. Da beide Konzepte international große Chancen hätten, würde einfach die Stadt mit dem größeren Zuspruch den Zuschlag erhalten und direkt mit dem entsprechenden Rückenwind in den IOC-Wettstreit starten.

Der Senat hat indes dem DOSB deutlich gemacht, dass es kein Referendum vor der Entscheidung geben kann – schon aus finanziellen Gründen. Neumann hat wiederholt versprochen, dass er vor einem Referendum die genauen Kosten für Olympia ermitteln würde – sowohl beim Bau von Wettkampfstätten als auch bei der Verkehrsinfrastruktur. Dies dürfte mehrere Architekturbüros über Monate beschäftigen, Experten rechnen dafür mit einem zweistelligen Millionenbetrag. Zudem müsste die Verfassung geändert werden. Bisher sind Volksentscheide nur möglich auf Intervention von Bürgern, nicht durch die Regierung. Diesen Aufwand will der Senat erst betreiben, wenn sich der DOSB auf Hamburg festgelegt hat.

Unabhängig von der Referendumsfrage zeichnet sich schon jetzt ab, dass der DOSB den Zeitplan ändern wird. Bisher sollte das DOSB-Präsidium am 28.Oktober in Frankfurt eine Empfehlung aussprechen. Entscheiden sollte dann die DOSB-Mitgliederversammlung am 6.Dezember in Dresden. Jetzt sagt Hörmann: „Die richtige Entscheidung ist wichtiger als die schnelle.“ Man wolle zumindest die Ergebnisse des IOC-Kongresses in Monaco abwarten, an dessen Abschluss am 9.Dezember über den Reformpläne des Präsidenten Thomas Bach abgestimmt werden soll. Das Zeitfenster für das Hamburg-oder-Berlin-Votum stellte Hörmann nun weit auf. „Im ersten Halbjahr 2015“ müsse dies eine Sondermitgliederversammlung des DOSB entscheiden.

Spannend bleibt, ob nun eher Berlin oder Hamburg diese Verschiebung in die Karten spielt. Bislang setzte Hamburg vor allem auf eine positive Präsidiumsempfehlung am 28.Oktober, schließlich gilt neben Hörmann auch der einflussreiche Generaldirektor Michael Vesper als Hamburg-Sympathisant. Diese Empfehlung, so die Kalkulation, hätten dann die Mitglieder bei der Vollversammlung am 6.Dezember respektiert. Von einem Verzicht auf eine Empfehlung hätte dagegen wohl Berlin profitiert, da offenbar die klare Mehrheit der Mitglieder die Hauptstadt bevorzugt. Jetzt scheint das olympische Rennen wieder offener denn je.