Linke kritisieren zunehmenden Handel mit Rüstungsgütern und fordern Verbot von Munitionsexporten

Hamburg. Der Umschlag von Munition, Raketen und Sprengstoffen in Hamburg steigt deutlich an. In den vergangenen zwölf Monaten wurden insgesamt 1027 Container mit Waffenmaterial in den Hafen transportiert – davon 347 Container allein von Mitte Mai bis Mitte August dieses Jahres. Im Vorjahreszeitraum waren es noch 234 Container. Das ergaben mehrere Kleine Anfragen, die die Bürgerschaftsfraktion der Linkspartei an den Senat gestellt hatte.

Zum weit überwiegenden Teil handelt es sich bei den Containerladungen um Munition für Feuerwaffen. So wurden seit September 2013 insgesamt 1.115.779 Pakete und Kisten mit Patronen umgeschlagen, 416.000 davon seit Ende Mai. Darunter war auch Brand- und Nebelmunition sowie Sprenggeschosse. Zudem wurden 146 Raketen (96 davon seit Mai), 44 Pakete Sprengstoff und 100 Granaten (alle seit Mai) von den Hafenbehörden als Gefahrengut erfasst. Die transportierten Waren enthielten nach Senatsangaben insgesamt 885 Tonnen an Explosivstoffen.

Der Umschlag von Schusswaffen und großen Rüstungsgütern sowie die Herkunft der Containerladungen sind in der Statistik nicht enthalten. „Aus Sicherheitsgründen können wir die Zielorte und Herkunft von einigen Gefahrengütern nicht öffentlich kommunizieren“, sagte Swantje Glismann, Sprecherin der Innenbehörde. „Die Entscheidung über die Veröffentlichung von Daten zu Waffen und Rüstungsgütern, die nicht Gefahrgut sind, liegt auf Bundesebene in den zuständigen Ministerien und den Stellen des Zolls.“

Das elektronische System zur Überwachung von Gefahrengut speichert die betreffenden Daten jeweils nur für drei Monate. Die Statistik aus den Senatsanfragen bildet das vergangene Jahr deshalb nicht vollständig ab, der Umschlag im April fand keine Berücksichtigung.

Die Linke sieht Hamburg angesichts der Statistik als Drehkreuz für Waffengeschäfte in aller Welt. „347 Container ist mit Abstand die höchste Anzahl, seit wir dem Senat auf die Finger schauen“, sagte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Christiane Schneider. „Die Vorstellung, wie viel Unheil damit angerichtet werden kann, ist erschütternd.“ In Bezug auf die Rolle Hamburgs im internationalen Waffenverkehr sei ein „trauriger Höhepunkt“ erreicht.

Kai Voet van Vormizeele, innenpolitischer Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion, sieht das anders: „Die Anzahl der weltweiten Konflikte, in den Waffengewalt eine Rolle spielt, hat messbar zugenommen. Dementsprechend hat auch der Handel mit Waffen zugenommen“, so Vormizeele. Die Gleichung „keine Munitionsexporte gleich keine weltweiten gewalttätigen Konflikte“ würde nicht aufgehen. „Man sieht an dem Konflikt im Irak, dass es Situationen geben kann, in denen man Menschen auch mit Waffen und Munition helfen muss, um ihnen die Möglichkeiten zu geben, sich selbst zu verteidigen“, so Vormizeele in Bezug auf den aktuellen Beschluss der Bundesregierung, Waffen in den Irak zu liefern.

Hamburgs Linke fordern nun ein generelles Verbot von Munitionsexporten im Hamburger Hafen. Zunächst sei jedoch der Senat gefordert, selbst eine umfassende Statistik über Waffen- und Munitionstransporte zu führen. „Wir werden das jetzt übernehmen und alle drei Monate die aktuellen Zahlen abfragen“, sagte Schneider.

Der Senat sieht die kurze Speicherdauer der Daten zu Gefahrengüter dagegen als ausreichend an. Mit dem elektronischen System sei gewährleistet, dass die Behörden den sicheren Umgang mit den Gefahrengütern kontrollieren können. Auch bei Unfällen mit Gefahrengut sei sicher, dass die Wasserschutzpolizei so gut informiert sei, dass Polizei und Feuerwehr ihre Aufgaben vor Ort „effizienter“ und „wirkungsvoller“ erfüllen könnten.

Eine Gefährdung durch den Umschlag von Munition sieht auch Arno Münster, innenpolitischer Sprecher der SPD-Bürgerschaftsfraktion, nicht. „Die Sicherheitsbestimmungen im Hafen erfüllen die höchsten Standards. Sollte es zu Verstößen kommen, gehe ich davon aus, dass die Sicherheitsbehörden diese ahnden“, so Münster. Ein generelles Verbot von Munitionsexporten hält er nicht für nötig: „Der Hamburger Hafen ist ein Universalhafen, in dem alle Arten von Gütern umgeschlagen werden. Daran etwas zu ändern ist aus meiner Sicht nicht notwendig.“

Im August vergangenen Jahres hatte der Brand an Bord des Atomfrachters „Atlantic Cartier“ am O’Swaldkai eine große Diskussion um die Sicherheit im Hafen ausgelöst. Der Frachter hatte unter anderem Material von nuklearen Kernbrennstäben, Ethanol und große Mengen an Munition geladen, das Feuer wurde rechtzeitig gelöscht. Die Grünen forderten anschließend, gefährliche Transporte an den zentralen Terminals zu verbieten – der Senat lehnte dies ab.