Privates Schwimmbad wird abgerissen – auf Kosten der Steuerzahler: Bezirk beteiligt sich mit mehr als 74.000 Euro

Schnelsen. Es ist eine Posse, die Politik und Justiz rund zwei Jahrzehnte beschäftigt hat. Der Streitpunkt: eine 170Quadratmeter große Schwimmhalle auf einem Privatgrundstück am Goldmariekenweg in Schnelsen. Die wurde jetzt nach jahrelangem Rechtsstreit abgerissen. Was neben Schutt und Asche übrig geblieben ist, sind hohe Kosten für die Steuerzahler. Denn das Bezirksamt Eimsbüttel übernimmt bei dem privaten Pool, der nie für die Öffentlichkeit zugänglich war, offenbar mindestens 74.100 Euro der Abrisskosten, deren Gesamthöhe voraussichtlich bei 114.000 Euro liegt.

Auf diesen Vergleich hatte sich das Bezirksamt mit dem Bauherrn von einst und der späteren Eigentümerin der Anlage geeinigt. Warum? Weil der Bezirk offensichtlich nicht ganz unschuldig war an diesem juristischen Dilemma: Mitte der 1990er-Jahre war eine Genehmigung für den Bau der Schwimmhalle erteilt worden. Doch die Nachbarn klagten gegen den „Poolbau zu Schnelsen“, zogen bis vor das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig, das als höchste Instanz 2004 befand, dass die Schwimmhalle als „Anlage für sportliche Zwecke offenbar rechtswidrig genehmigt worden war“. Im Klartext: Das Bezirksamt Eimsbüttel hätte den Bau nie genehmigen dürfen. Dennoch dauerte es noch einmal zehn Jahre, bis der Pool abgerissen wurde.

Bezirksamtsleiter Torsten Sevecke hat „so einen Vorgang noch nie erlebt“

Die Politik übt deshalb scharfe Kritik: „Die ganze Geschichte klingt nach einem faulen Kompromiss auf Kosten des Steuerzahlers, nur weil der SPD-Bezirksamtsleiter den Sachverhalt offensichtlich nicht anders in den Griff bekommen hat“, sagt der CDU-Bezirksabgeordnete Carsten Ovens. Und auch SPD-Politiker Jan Ohmer, der bis vor Kurzem Abgeordneter der Bezirksversammlung war und mit seiner Kleinen Anfrage die Geldverschwendung öffentlich machte, sagt: „Dass die Stadt sich nun an den Abrisskosten zu einem großen Teil beteiligt und dies zulasten der Steuerzahler geht, ist ärgerlich.“ Der SPD-Politiker fordert: „Der Bezirk muss in dieser Angelegenheit im Sinne der Bürger für die größtmögliche Transparenz sorgen.“

Bezirksamtsleiter Torsten Sevecke (SPD) sagt auf Abendblatt-Anfrage: „Ich habe einen solchen Vorgang in meiner gesamten Laufbahn noch nie erlebt. Zum Glück wurde mit dem Abriss der Schwimmhalle nun zumindest der Stein des Anstoßes beseitigt.“

Sevecke spricht selbst von einer „Posse“ und räumt ein: „Es ist den Steuerzahlern nur schwer zu vermitteln, dass sie für den Abriss mitbezahlen müssen.“ Aber wie konnte es überhaupt zu dem Streitfall kommen?

Der Bezirk Eimsbüttel erteilte dem damaligen Grundstückseigentümer Werner S. 1996 eine Genehmigung für den Bau einer Schwimmhalle. Das passte einigen Nachbarn nicht, und sie gingen juristisch gegen die Genehmigung vor. Gerichte beschäftigten sich mit dem Fall. Das Oberverwaltungsgericht Hamburg urteilte 1997, dass die „Schwimmhalle als Anlage für sportliche Zwecke unter bestimmten Bedingungen genehmigungsfähig“ sei. Schließlich erteilte das Bezirksamt eine neue Genehmigung mit Auflagen nach Maßgaben des Oberverwaltungsgerichts. Anschließend wurde die Schwimmhalle fertig gebaut. Doch die Nachbarn wollten nicht klein beigeben. Kläger und Nachbar Heinrich F. sprach zwar mit dem Abendblatt, aber wollte sich nicht öffentlich äußern.

Das vorläufige Finale der „Pool-Posse“ war mit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts 2004 erreicht. Aber: Wieder kam es zu zahlreichen Gerichtsverfahren, bei denen es unter anderem um die Beseitigung der Schwimmhalle ging. Zunächst erließ das Bezirksamt im Mai 2005 eine Nutzungsuntersagung für das Schwimmbad. Die rechtlichen Auseinandersetzungen gingen weiter. Erst im Herbst 2010 erließ das Bezirksamt schließlich eine „Beseitigungsanordnung“ für die Schwimmhalle.

Dann wurde das Haus zwangsversteigert, und eine neue Eigentümerin erwarb die Immobilie. Das Schwimmbad stand immer noch. Im Mai 2011 erfolgte eine erneute Beseitigungsanordnung. Dagegen wurden vonseiten der neuen Eigentümerin Rechtsmittel eingelegt. Das Bezirksamt legte ein Zwangsgeld gegen Werner S. und die Eigentümerin von bis zu 20.000 Euro fest, weil die Schwimmhalle nicht abgerissen worden war. Doch Werner S. schickte dem Bezirksamt seinerseits den Entwurf für „eine Schadenersatzklage wegen Amtshaftung wegen rechtswidriger Genehmigung der Schwimmhalle“. Das könnte einen kostspieligen Prozess für das Bezirksamt bedeuten. Deshalb kam es wohl zu den Vergleichsverhandlungen und dem Ergebnis, dass der Bezirk mindestens 74.100 Euro der Abrisskosten übernimmt.

Dieser Deal löst Kritik vom Bund der Steuerzahler aus. Sprecherin Sabine Glawe: „Das ist ein Beispiel dafür, dass bei Verwaltungsversagen immer der Steuerzahler der Dumme ist.“