„Wir haben den Eindruck, dass es gezielt gegen uns geht“, sagt AfD-Landeschef Jörn Kruse. Die Zerstörung nimmt vor der Europa- und der Bezirkswahl neue Dimensionen an.

Hamburg. Rote Nasen, schwarze Zähne, dicke Brillen, dumme Sprüche – derlei „Verzierungen“ von Wahlplakaten sind die Parteien seit Jahren gewohnt. Auch umgekippte, zerstörte oder geklaute Plakate sind keine Seltenheit. Doch vor der Europa- und der Bezirkswahl am Sonntag hat der Vandalismus zumindest bei einer Partei eine völlig neue Dimension erreicht – bei der Alternative für Deutschland (AfD).

Von rund 5500 Plakaten, die nach und nach in Hamburg aufgestellt wurden, seien etwa 3250 (knapp 60 Prozent) zerstört oder entfernt worden, teilte der Landesverband Hamburg auf Abendblatt-Anfrage mit. Von den nicht zerstörten Werbeflächen sei wiederum etwa jede dritte beschmiert worden. Bei Plakatkosten zwischen 2,20 bis gut vier Euro sei allein ein Sachschaden von rund 10.000 Euro entstanden. „Wir haben den Eindruck, dass es gezielt gegen uns geht“, sagte AfD-Landeschef Jörn Kruse. „Das ist besonders bitter, weil wir als neue Partei noch darauf hinweisen müssen, dass es uns überhaupt gibt, und dafür sind Plakate wichtig.“

Zumindest indirekt machen die Euro-Kritiker auch andere Parteien für ihr Dilemma verantwortlich. „Es ist doch sehr verwunderlich, dass sofort dort, wo Dutzende kaputter AfD-Plakate nacheinander am Boden liegen, frische Plakate der Konkurrenz wie Pilze aus dem Boden sprießen“, sagte Bundeswahlkampfleiter Bernd Baumann, der selbst im Bezirk Altona kandidiert.

Wie berichtet, war am Dienstag ein Infostand der AfD im Stadtteil Hamm sogar von Vermummten angegriffen worden. Die Täter konnten nach einer Verfolgungsjagd von der Polizei gefasst werden – einer war ein polizeibekannter Linksextremist. Der Staatsschutz ermittelt zudem wegen einer Videobotschaft, die im Internet kursiert, und in der zum Zerstören der AfD-Plakate aufgerufen wird.

Andere Parteien weniger stark betroffen

So schlimm ist es bei den etablierten Parteien nicht. „Es gibt Beschädigungen, aber nicht mehr als sonst“, sagte SPD-Sprecher Jan Balcke. Bei den Grünen heißt es, von den 4500 Plakaten seien rund zehn Prozent beschmiert oder zerstört – „ein relativ normaler Wert“. Nach Angaben der CDU ist die Zahl der Beschädigungen eher gering. „Aber nichtsdestotrotz berichten uns viele Kandidaten von böswilligen Beschmierungen, Diebstahl und mutwilliger Zerstörung“, sagte Landeswahlkampfleiter Gregor Jaecke. „Wir zeigen Sachbeschädigung konsequent an.“

Philipp Heißner, der für die CDU im Wahlkreis Eimsbüttel-Süd/Hoheluft-West kandidiert, sagt, er habe „extremen Vandalismus“ erlebt. „Von meinen Plakaten sind geschätzt nur noch 20Prozent unbeschädigt.“ Seiner Parteikollegin Christiane Jabben gehe es genauso. „Das ist sehr frustrierend“, sagt Heißner. Und sehr teuer. „Schließlich habe ich auch privates Geld in den Wahlkampf investiert. Ein Wahlplakat kostet zwischen drei und fünf Euro.“

Bei den Linken sind beschädigte Plakate hingegen kein großes Thema. „Mein Eindruck ist, dass der Vandalismus dieses Mal eher unterdurchschnittlich ist“, sagte Martin Wittmaack vom Landesverband Hamburg. Das könne eventuell daran liegen, dass zur Bezirks- und Europawahl weniger plakatiert würde als bei der Bundestagswahl. Auch die FDP meldet „keine besonderen Vorkommnisse“, so Landesgeschäftsführer Wolfhard Buchholz-Beckmann.