Warum kandidieren Sie für das Europaparlament?

Als politisch interessierter Mensch weiß ich, dass 80 Prozent unserer Gesetzgebung seinen Ursprung in Brüssel nimmt. Daher möchte ich mich hier für eine demokratischere, transparentere, freiheitlichere und sozial gerechtere Politik einsetzen. Hierbei liegen mir insbesondere der Schutz der Bürgerrechte und der Privatsphäre, mehr Mitbestimmung und ein Paradigmenwechsel in der Handelspolitik hin zu einer Politik, die der großen Mehrheit aller Menschen nützt und nicht zulasten der Umwelt geht, am Herzen.

Ist die EU gut für Hamburg?

Hamburg als Wirtschaftsmetropole profitiert vom gemeinsamen EU-Binnenmarkt ganz besonders. Aber auch die stabilisierende Wirkung der EU auf den Frieden in Europa sollte nicht unterschätzt werden. Dies hat dazu geführt, dass Hamburg heutzutage eine der reichsten Städte Europas ist. Hier ist es aber auch an Hamburg, seinen daraus erwachsenden sozialen Verpflichtungen gerecht zu werden.

Was wollen Sie für Hamburg erreichen, falls Sie ins Europäische Parlament gewählt werden?

Ich hoffe zu verhindern, dass durch Regelungen in Handelsabkommen, Sonderklagerechte für ausländische Konzerne geschaffen und aufrechterhalten werden, die zu Millionenklagen führen, wenn Hamburg Fracking verbietet oder wie bereits in der Vergangenheit geschehen, keine Energiegewinnung durch Kohlekraftwerke möchte. Auch wenn der Handel für Hamburg als Hafenstadt sehr wichtig ist, darf dieser nicht zu einem ruinösen Verdrängungswettbewerb für kleine und mittlere Unternehmen führen und Sozial-, Datenund Verbraucherschutzstandards gefährden.

Sollte sich die EU stärker bei Konflikten engagieren – etwa wie jetzt in der Ukraine?

Grundsätzlich ja. Allerdings fehlen der EU derzeit noch die Kompetenzen in der Außenpolitik, und eine demokratische Kontrolle durch das EU-Parlament ist hier nicht gesichert. Gerade der Ukraine-Konflikt zeigt, dass die EU statt auf Konfrontation stärker auf eine Einbindung Russlands setzen sollte.

Welche Zukunft hat der Euro Ihrer Ansicht nach?

Ein gemeinsamer Wirtschaftsraum benötigt auch eine gemeinsame Währung. Um die Finanzkrise zu überwinden, dürfen Gelder nicht mehr an die Banken der Krisenländer fließen, sondern müssen in die Realwirtschaft investiert werden. Wir brauchen einen dauerhaften Länderfinanzausgleich für Europa und gemeinsame soziale Mindeststandards. Nur durch eine Angleichung der Lebens- und Wirtschaftsverhältnisse überall in der EU kann der Euro und der (soziale) Frieden dauerhaft gesichert werden.

Wie soll die europäische Flüchtlingspolitik der Zukunft aussehen?

Der Kampf gegen Flüchtlinge muss aufhören, und es müssen legale und sichere Fluchtwege für Menschen in Not geschaffen werden. Wir brauchen eine solidarische Flüchtlingspolitik in Europa, die nicht die südeuropäischen Staaten mit den finanziellen und organisatorischen Lasten alleine lässt. Auch Hamburg muss hier seiner Verantwortung gerecht werden und u.a. endlich für eine menschenwürdige Existenz und sichere Zukunft für die Flüchtlinge aus Lampedusa in Hamburg sorgen.

Sind Sie für eine Erweiterung der EU? Sollte die Türkei Mitglied werden?

Ja, grundsätzlich sollte die EU irgendwann einmal alle europäischen Staaten einbinden, sofern die es wollen. Hierzu gehört auch die Türkei. Allerdings sollte ein Beitritt und ein Verbleiben in der Union daran geknüpft werden, dass Demokratie und Menschenrechte gewahrt werden. Von einer Mehrheitsreligion in einem Land sollte dies aber nicht abhängig sein, denn Staat und Religion sind strikt zu trennen.

Das Europaparlament hat ein Akzeptanzproblem. Was muss geschehen, um das zu ändern?

Zunächst einmal braucht das Europaparlament ein eigenes Initiativrecht für Gesetze. Nur so kann es seiner Rolle als Parlament auch nachkommen. Zudem muss dringend ein neuer Verfassungskonvent einberufen werden, der unter Beteiligung aller Bürger die EU neu strukturiert und demokratisiert und damit auch hoffentlich das Parlament als Volksvertretung stärkt. Um hier für mehr Akzeptanz zu sorgen, sollte dann über eine solche Verfassung in ganz Europa mittels Volksentscheiden abgestimmt werden, auch in Deutschland.

Steckbrief

Alter: 37

Familie: ledig, 2 Katzen

Bisherige Tätigkeit/Beruf: Verwaltungsjuristin; Schiedsrichterin am Landesschiedsgericht Bremen, seit März 2014 stellvertretende Vorsitzende der Europäischen Piratenpartei, in der Partei seit 2010

Hobbys: Lesen, Brett- und Rollenspiele, Schwimmen, Klavier spielen und mein Garten