Eigner und Politiker üben massive Kritik an umstrittenen Dividendengeschäften der HSH Nordbank. Die Skandale nehmen keine Ende.

Hamburg. Mit so viel Medieninteresse hatte Stefan Ermisch, der Finanzvorstand der HSH Nordbank, ganz offensichtlich nicht gerechnet. Der Besprechungsraum im 7. Stock des Bankgebäudes am Hamburger Gerhart-Hauptmann-Platz war am Dienstagmittag bis auf den letzten Platz gefüllt, weitere neun Journalisten waren in einer Telefonkonferenz zugeschaltet.

Vor allem aber wäre es Ermisch lieber gewesen, er hätte den Medien mit der Nachricht, man habe durch eine interne Untersuchung umstrittene Dividendengeschäfte zum Schaden des Fiskus aufgedeckt, zuvorkommen können. Doch schon am Montagabend war einiges dazu durchgesickert.

Nicht nur aus der Hamburger Politik, sondern auch aus Schleswig-Holstein hagelte es Kritik mit Blick auf die neuesten Entwicklungen: „Egal ob diese Finanzgeschäfte legal oder illegal waren, gehört es sich für eine öffentlich-rechtliche Bank wie die HSH Nordbank nicht, sich an Geschäften zu beteiligen, mit denen sie dem Staat Steuern vorenthält“, sagte der Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Lars Winter. Es müsse „zu einem Kultur- und Mentalitätswandel“ in der Bank kommen. „Allen dort Beschäftigten, und insbesondere dem Management, muss klar sein, dass eine Bank, die überwiegend in öffentlichem Eigentum ist, keine zwielichtigen Geschäfte tätigen darf, die zulasten von Steuerzahlern und damit der Gemeinschaft gehen, auch wenn sie gesetzlich nicht verboten sind.“ Die Opposition in Kiel geht noch weiter. „Wir erwarten, dass die HSH Nordbank jeden einzelnen Euro an unrechtmäßig erlangten Steuererstattungen unverzüglich an die Finanzbehörden zurückzahlt. Dabei darf es keine Verzögerung durch langwierige Gerichtsverfahren geben“, sagte der finanzpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Tobias Koch. Beschäftigungsverhältnisse mit den für diese Geschäfte Verantwortlichen müssten unverzüglich beendet und Schadensersatzforderungen geltend gemacht werden. Gegebenenfalls in den betreffenden Jahren gezahlte Bonifikationen seien ebenso zurückzufordern wie im Falle des zwischenzeitlichen Ausscheidens gezahlte Abfindungen.

Verluste in Milliardenhöhe, Kredite für die Mafia, Spitzelaffäre, Abfindungen für den Ex-Chef – schlagzeilenträchtige Meldungen gab es in den vergangenen sechs Jahren über die Landesbank viele. Ende 2007 räumte die HSH Nordbank erstmals ein, durch die US-Immobilienkrise Einbußen erlitten zu haben. Im Februar 2009 veröffentlichte die Bank für das vorangegangene Geschäftsjahr einen Verlust von 2,8 Milliarden Euro. Die Bank brauchte eine Eigenkapitalspritze von drei Milliarden Euro und Schutzgarantien von zehn Milliarden Euro von den Bundesländern Hamburg und Schleswig-Holstein. Für Empörung sorgte der Plan, an einige stille Teilhaber dennoch bis zu 200 Millionen Euro auszuschütten. Letztlich verzichtete die HSH darauf.

Ab April 2009 ermittelte die Staatsanwaltschaft Hamburg gegen Manager der Landesbank wegen des Verdachts der Untreue. Drei Monate später bestätigte Aufsichtsratschef Hilmar Kopper eine Sonderzahlung von 2,9 Millionen Euro an den umstrittenen damaligen Vorstandschef Dirk Jens Nonnenmacher. Er sollte damit offenbar im Institut gehalten werden. In Schleswig-Holstein gipfelte der Streit daüber in dem Bruch der Großen Koalition. Der Landtag und die Hamburgische Bürgerschaft setzten Untersuchungsausschüsse ein.

Im November 2010 durchsuchte die Hamburger Staatsanwaltschaft eine Sicherheitsfirma. Zwei Mitarbeiter sollen dem früheren Leiter der HSH-Niederlassung in New York Kinderpornos untergeschoben haben. Kritiker des Geldhauses und möglicherweise auch Mitarbeiter sollen bespitzelt worden sein. Im November 2011 erfuhren die Mitarbeiter auf Betriebsversammlungen, dass in Kiel und Hamburg etwa 730 Jobs gestrichen werden sollen. Im Januar 2012 erhob die Staatsanwaltschaft Hamburg Anklage gegen sechs Ex-Vorstände wegen Untreue und Bilanzfälschung, im Juli 2013 begann vor dem Landgericht der Prozess. Auf der Anklagebank sitzen seitdem unter anderem die Ex-Chefs Hans Berger und Dirk Jens Nonnenmacher. Alle sechs hatten 2007 ihre Unterschrift unter ein umstrittenes Wertpapiergeschäft namens Omega 55 gesetzt. In diese Zweckgesellschaft hatte die HSH zusammen mit der französischen Großbank BNP Paribas Immobilienkredite im Wert von zwei Milliarden Euro gesteckt. Der Vorwurf: Die Bilanz sollte geschönt werden. Im Oktober 2012 wurde ein weiterer Krisenfall bekannt. Die Nordbank hatte 2007 einem deutschen Projektentwickler einen Windpark in Italien mit einem 200-Millionen-Euro-Kredit finanziert. Das Problem: Die Mafia soll das Projekt zur Geldwäsche genutzt haben, die italienischen Staatsanwälte ermitteln.