Eine Glosse von Alexander Schuller

Aufgrund des gestrigen Bundestagswahlsonntags hat das Hamburger Abendblatt, mittlerweile seit 65 Jahren Hüter und Wächter der politischen Fairness in der Metropolregion Hamburg, eine sensationelle Nachricht bereits tagelang zurückgehalten. Denn die Redaktion wollte auf keinen Fall Einfluss auf die Meinungsbildung der Wählerinnen und Wähler nehmen. Doch jetzt, da alles gelaufen ist, können wir die Nachricht ruhigen Gewissens verbreiten. Sie lautet: Das persönliche Wahlgeheimnis ist geknackt. Jedoch nicht etwa durch irgendeinen dieser obskuren ausländischen Geheimdienste, sondern schlicht und einfach durchs sorgfältige Beobachten des täglichen Verhaltens im Straßenverkehr.

Sagen Sie jetzt bloß, Sie haben sich noch nie darüber gewundert, dass gut 42 Prozent der Autofahrer stur, total gleichmäßig und irgendwie supertotal unaufgeregt in der Straßenmitte fahren oder auf dreispurigen Straßen wie den Autobahnen den Mittelstreifen geradezu suchen. Dass andererseits rund fünf Prozent der Autofahrer sich einfach nicht anpassen wollen, alle anderen Verkehrsteilnehmer grundsätzlich rechts überholen und trotzdem häufig nicht energisch genug zurückgepfiffen werden, liegt dagegen bloß an einem Missverständnis: AfD heißt eben nicht „Automobilclub für Deutschland.“

Überraschend dagegen, dass noch immer erst gut ein Drittel der Verkehrsteilnehmer die Bedeutung des grünen Pfeils bei gleichzeitigem Ampelrot begriffen hat. Das könnten sicherlich mal mehr werden. Dagegen wünschen sich rund 92 Prozent der Deutschen den Rückgang der gut acht Prozent notorischen Linksfahrer, die trotz schwachbrüstiger, gefühlter Zweitaktmotoren, immer wieder glauben, den Verkehrsfluss aufhalten zu können. Doch die stärkste Veränderung des Verkehrsverhaltens ließ sich in den vergangenen Monaten – so die Verkehrsforscher – bei potenziellen Rotlichtsündern feststellen: Waren es bis vor kurzem noch rund 14 Prozent, die forsch bei Spätgelb über eine Kreuzung bretterten, treten nun weniger als fünf Prozent in die Eisen. Die anderen fahren gelassen mittig weiter.