Nach der Landtagswahl steht für die Liberalen eine Woche des Überlebenskampfes an

Natürlich: Bayern ist nicht Deutschland – und die Abstimmung über einen Landtag ist keine über die Bundesregierung. Dennoch kommt dem Ergebnis im Freistaat genau eine Woche vor der Bundestagswahl am 22. September eine ganz besondere Bedeutung zu.

Die CSU hat die absolute Mehrheit im Münchner Landtag nach der Schmach aus dem Jahr 2008 zurückerobert und bleibt auch nach 56 Jahren an der Macht. Für die Bundeskanzlerin allerdings sind das nicht nur gute Nachrichten: Nun wird Horst Seehofer noch kraftvoller durchs Land laufen – und womöglich als Nächstes die Pkw-Maut für alle Nicht-Bayern fordern.

Doch einmal ganz im Ernst: Der CSU-Ministerpräsident Horst Seehofer wird nun natürlich noch selbstbewusster in Koalitionsverhandlungen nach der Bundestagswahl gehen. Der Wind, der aus dem Süden in Richtung Berlin weht, wird also wieder etwas stürmischer. Und für Angela Merkel wird es wieder etwas ungemütlicher.

So bitter die dramatischen Verluste von fast fünf Prozentpunkten für die Liberalen im Alpenvorland auch sind: Der FDP im Bund könnte der Absturz der Parteifreunde in Bayern wahrscheinlich eher nützen. In den letzten Tagen vor der Wahl wird so die Werbetrommel für die Zweitstimmen wieder mit aller Macht geschlagen.

Da geht es nicht nur darum, zusätzliche Wähler zu mobilisieren, sondern traditionell auch darum, Stimmen von der CDU zu „leihen“. So mancher wird sich vielleicht wie bei vergangenen Urnengängen auch dazu bewegen lassen, sein Kreuz bei den Liberalen zu setzen – mit der Überlegung, auf diese indirekte Weise eine CDU-geführte Regierung zu verlängern.

Das dürfte der Bundeskanzlerin allerdings gar nicht gefallen. Denn solch taktisches Wahlverhalten ist äußerst riskant. Und zu verschenken hat Angela Merkel schließlich auch nichts. Die CDU kann nur daran interessiert sein, am 22. September auch allein möglichst stark dazustehen. Denn wenn es, den derzeitigen Prognosen zum Trotz, mit der FDP nicht weitergehen sollte, muss die Union selbst kraftvoll genug sein, um eine Große Koalition zu führen – und nicht womöglich als stärkste Fraktion im Bundestag gegen ein rot-grünes Bündnis auf der Koalitionsbank zu sitzen.

Doch der „Mitleidseffekt“ nach dem desaströsen Wahlergebnis in Bayern ist längst kein Selbstgänger mehr für die Liberalen im Bund: Denn anders als noch vor einigen Jahren ist – glaubt man den letzten Umfragen – die Fortsetzung der schwarz-gelben Koalition längst nicht mehr bei allen CDU-Wählern das Bündnis erster Wahl. Überraschend viele Deutsche wünschen sich danach eine Große Koalition aus Christdemokraten und Sozialdemokraten. Das wäre vor einigen Jahren noch eine der schlimmsten aller vorstellbaren Varianten gewesen.

Für die Sozialdemokraten schlug am Wahlabend abermals eine bittere Stunde: Selbst mit Münchens Oberbürgermeister-Urgestein Christian Ude, dem populärsten Mann, den die SPD in Bayern zu bieten hat, schafft die Partei nur knapp über 20 Prozent der Stimmen. Von einer Volkspartei ist das weit entfernt.

Was also ist am Ende die Botschaft der Bayern-Wahl an den Rest des Landes? Es war keine Vorabstimmung – aber die Bayern haben endlich ein wenig Würze in den Endspurt eines eher schleppenden und inhaltsarmen Wahlkampfes gebracht. Spannend wird es um das Überleben der FDP. Immerhin.

Der Autor ist Mitglied der Chefredaktion des Hamburger Abendblatts