Neue Unternehmensanleihe vom Hamburger Versandhauskonzern. Er zahlt einen Zins von 3,75 Prozent. Andere Konzerne kommen günstiger weg.

Hamburg. Die Otto Group nutzt das Zinstief, um sich Geld für weitere Investitionen in den Onlinehandel zu beschaffen. Der Hamburger Konzern hat nach eigenen Angaben eine Anleihe im Volumen von 225 Millionen Euro mit einer Laufzeit von sieben Jahren zu einem Zinssatz von 3,75 Prozent am Markt platziert. Mit einem Mindestanlagebetrag von 1000 Euro ist das Wertpapier auch für Privatanleger zugänglich. Der Erlös aus der Anleiheemission sei nicht für ein bestimmtes Projekt vorgesehen, hieß es vom Unternehmen.

Der Betrag sei für die „allgemeine Unternehmensfinanzierung“ gedacht. Erst im April hatte der Otto-Vorstandsvorsitzende Hans-Otto Schrader angekündigt, bis 2015 insgesamt 300 Millionen zu investieren, um von der Dynamik des Internet-Handels profitieren zu können. In diesem Zusammenhang verwies Firmensprecher Robert Hägelen unter anderem auf das von Benjamin Otto, dem Enkel des Unternehmensgründers, geleitete Projekt „Collins“: Mit einem „innovativen Geschäftsmodell“, das auf eine „junge und weibliche Zielgruppe“ zielt, will der Konzern Anfang 2014 mit einem Sortiment aus den Bereichen Mode und Heimtextilien an den Start gehen.

Insgesamt sollen die Online-Umsätze der Gruppe bis zum Jahr 2015 von zuletzt 5,7 Milliarden Euro auf acht Milliarden Euro steigen. Bestandteil der Internethandels-Offensive ist zudem der neue Bezahldienst der Konzerntochter Yapital. Mit diesem Dienst, der Bezahlvorgänge mit dem Smartphone möglich macht, greift Otto die Ebay-Tochter Paypal an. Daneben gibt es weitere Zukunftsfelder, die Investitionen erfordern: „Wir wollen auch unser internationales Geschäft ausbauen, zum Beispiel in Russland und in Brasilien“, so Hägelen.

Das Geld für derartige Vorhaben beschafft sich Otto bereits seit dem Jahr 2009 auch durch die Ausgabe von Unternehmensanleihen. Einschließlich der jüngsten Emission hat der Konzern bis jetzt mehr als 1,1 Milliarden Euro auf diesem Weg eingesammelt. Im November 2009, bei der ersten Anleihe über 500 Millionen mit einer Laufzeit von vier Jahren, musste allerdings noch ein Kupon von 6,375 Prozent gezahlt werden. Es folgten zwei Unternehmensanleihen im Jahr 2012 über zusammen 450 Millionen Euro.

Vor jeder Emission muss ein umfangreicher, mehr als 100 Seiten starker Prospekt für die Anleger erstellt werden. Um dieses Verfahren abzukürzen, hatte die Otto Group erst Anfang September mitgeteilt, man habe als eines der ersten familiengeführten Unternehmen ein sogenanntes „European Medium Term Note“-Programm eingeführt. Dabei werde ein dauerhafter Prospekt hinterlegt, der ständig aktualisiert wird, erklärte Hägelen. Auf diese Weise könne man flexibel und schnell reagieren, wenn die Bedingungen für eine Emission günstig seien. Dieses Instrument, an dem unter anderem die Berenberg-Bank mitwirkte, habe die Gruppe jetzt genutzt, um sich innerhalb kürzester Vorbereitungszeit „attraktive Konditionen am Markt zu sichern“, so Finanzvorstand Jürgen Schulte-Laggenbeck. Nach der nunmehr vierten Anleihe genieße die Otto Group „bei Investoren einen sehr guten Ruf.“

Allerdings können sich andere größere Firmen zu teils deutlich niedrigeren Zinsen refinanzieren. So hat der Autozulieferer Continental gerade eine Anleihe von ebenfalls sieben Jahren Laufzeit und einem Volumen von 750 Millionen Euro mit einem Kupon von nur 3,125 Prozent ausgegeben.

Der Zins, den Otto zahlen müsse, erscheine „relativ hoch“, sagt Christian Hamann, Wertpapierexperte bei der Haspa. Einer der Gründe dafür: „Die Otto Group hat kein Rating von einer der großen Agenturen“, erklärt Hamann. Zudem sei das Volumen eher niedrig; bei Großunternehmen seien Emissionsbeträge im oberen dreistelligen Millionenbereich üblich, was das Papier besser handelbar macht. Damit müsse Otto eine „Illiquiditätsprämie“ bieten.

Doch auch die Branche spiele eine Rolle: Der Einzelhandelssektor gelte bei Investoren als nicht so sicher wie etwa die Branche der Lebensmittelhersteller. „Die besten Unternehmen wie etwa Nestlé kommen mit einem Kupon von deutlich unter zwei Prozent aus“, sagt Hamann. Zwar seien die Zinsen auch durch die relativ lange Laufzeit von sieben Jahren etwas höher, weil die Geschäftsentwicklung auf diese Frist schwer einzuschätzen sei. Im Moment sei der Markt aber angesichts der niedrigen Zinsen auf Staatsanleihen „sehr aufnahmefähig“ für Unternehmensemissionen, so Hamann.