Eine groß angelegte Umfrage unter 10.000 Betroffenen ergibt: Die Pflege ist im Israelitischen Krankenhaus am besten. Kritik von der Ärztekammer.

Alsterdorf. Wer als Patient in einem Hamburger Krankenhaus bestens gepflegt werden will, sollte sich für das Israelitische Krankenhaus in Alsterdorf entscheiden. Diese Klinik jedenfalls nimmt nach einer repräsentativen Befragung von Patienten in der Kategorie „Pflegerische Betreuung“ den ersten Platz unter den 25Hamburger Krankenhäusern ein.

Die Krankenkassen AOK, Barmer GEK und die Patienten- und Verbraucherinitiative Weiße Liste hatten bundesweit mehr als 1,5 Millionen Versicherte um die Bewertung ihres Klinikaufenthaltes gebeten, denn die Patientenperspektive wird im Gesundheitswesen immer wichtiger. Per Fragebogen sollten sie zwei bis acht Wochen später ihr Urteil abgeben. Neben der Pflege wurden auch „Ärztliche Versorgung“, „Weiterempfehlung“ sowie „Organisation und Service“ abgefragt. Inzwischen liegen auch die ausführlichen Auswertungen von 10.000 Hamburger Versicherten vor. Sie haben die Qualität der Hamburger Kliniken beurteilt – und zwar aus eigener Erfahrung.

Zu den besten Hamburger Krankenhäusern in allen vier Kategorien gehören aus der Perspektive der Patienten (in alphabetischer Reihenfolge): die Endo-Klinik Hamburg GmbH, die Facharztklinik Hamburg, das Israelitische Krankenhaus, die Klinik Dr. Guth der Klinikgruppe Dr. Guth GmbH & Co. KG sowie das Krankenhaus Tabea. Schlusslichter in allen vier Kategorien bilden die Asklepios Klinik Wandsbek und die Asklepios Klinik Harburg.

Das Israelitische Krankenhaus – auf Erkrankungen der Verdauungsorgane spezialisiert – glänzt nicht nur in der Hansestadt, sondern liegt nach Angaben der Klinikleitung auch in den anderen Kategorien über dem Bundesdurchschnitt. Dass die Patienten gerade mit der Arbeit der Pflegekräfte besonders zufrieden sind, ist auf einen optimalen Personalschlüssel zurückzuführen. Und der liegt im Israelitischen Krankenhaus durchschnittlich um eine Planstelle höher als in anderen Kliniken. „Unsere Pflege beschäftigt zudem kein minder qualifiziertes Personal, sondern ausschließlich Fachkräfte“, sagt Pflegedirektor Marcus Jahn und erinnert an den Leitspruch Salomon Heines (1767–1844): „Menschenliebe ist die Krone aller Tugenden.“ Der jüdische Banker und Mäzen hatte das Israelitische Krankenhaus Mitte des 19. Jahrhunderts gegründet. Behandelt werden in diesem Haus insbesondere Tumorerkrankungen. Jährlich nimmt die Klinik 6700 Patienten stationär auf.

Nach Ansicht von Matthias Mohrmann, Vorstandsmitglied der AOK Rheinland/Hamburg, ist die Zufriedenheit der Patienten mit den Hamburger Krankenhäusern hoch. „Aber im Vergleich der einzelnen Häuser oder Fachabteilungen zeigen sich deutliche Unterschiede.“ Im Durchschnitt erreichten Fachkliniken bessere Beurteilungen als Kliniken mit Maximalversorgung. „Wir stellen erhebliche Unterschiede in der Patientenzufriedenheit zwischen den einzelnen Hamburger Kliniken fest“, sagt Antje Meyer, Pressesprecherin der AOK Rheinland/Hamburg. In Schulnoten ausgedrückt, reiche das von einer „1“ bis zu einer „4“.

Umfragen nicht überall akzeptiert

Immer häufiger befragen jetzt Krankenkassen ihre Versicherten nach Effekten und Qualität des Klinikaufenthalts. Auch die Techniker Krankenkasse (TK) bittet ihre Patienten jetzt um Bewertungen. Der TK liegen bundesweite Daten von 1500 der 2000 Krankenhäuser zu medizinischen und pflegerischen Ergebnissen vor. John Hufert, Referent bei der TK-Landesvertretung Hamburg: „Ergebnisse von Befragungen helfen uns, neben den klassischen medizinischen Kennzahlen wie beispielsweise Komplikationsraten die Qualität der Versorgung zu beurteilen.“

Solche Umfragen stoßen freilich nicht überall auf Akzeptanz. Zwar bezeichnete Professor Jörg Schreyögg, Lehrstuhlinhaber für Management im Gesundheitswesen an der Universität Hamburg, das neue Ranking für Hamburger Kliniken als „aussagekräftig“ und „sehr wertvoll“, weil die Daten standardisiert mit von Wissenschaftlern entwickelten Fragebögen erfasst worden seien.

Doch grundsätzliche Kritik äußerte jetzt der Vorsitzende der Bundesärztekammer, Professor Frank Ulrich Montgomery. Methodisch steckten Patientenbefragungen immer noch in den Anfängen, sagte er dem Abendblatt. Zwar sei es unbestritten, dass ein Patient mit einer Knie-Endoprothese selbst am besten beurteilen könne, ob sich seine Beschwerden durch den Eingriff gebessert hätten. Der Patient könne aber schnell überfordert werden, wenn er zu fachlichen Aspekten der Qualität befragt werde. „Er wird zum Beispiel kaum erkennen können, ob und in welchem Ausmaß das ärztliche und pflegerische Personal in Hygienefragen speziell qualifiziert ist, oder ob es in der Einrichtung einen Hygieneplan gibt“, sagte Montgomery, der auch Präsident der Hamburger Ärztekammer ist.

Problematisch sei es außerdem, dass die Befragungen von den Kostenträgern durchgeführt werden. „Qualitätsbeurteilung setzt aber Objektivität und Freiheit von rein ökonomisch abgeleiteten Sparzielen voraus. Beides kann man den Kassen nun auch mit bestem Willen nicht unterstellen“, sagte Montgomery.