Die Gattin von Peer Steinbrück sagt, wie es ist. Hoffentlich denkt die Partei jetzt um

Wenn die SPD wirklich möchte, dass einer der ihren in diesem Jahr zum Kanzler der Bundesrepublik Deutschland gewählt wird, dann sollte sie endlich damit beginnen, geschlossen hinter dem Kandidaten zu stehen. Es ist zwar richtig und für eine Demokratie obligatorisch, dass es in Parteien Streit um Strategien und Programme gibt und natürlich Machtkämpfe um Posten. Allerdings hat diese Phase der innerparteilichen Meinungsbildung auch ihre Zeit und sollte spätestens dann abgeschlossen sein, wenn es direkt auf eine Entscheidung zugeht – zum Beispiel, wenn es bis zur Bundestagswahl nicht einmal mehr 100 Tage sind …

Liebe SPD, jetzt darf es kein „entweder oder“ mehr geben, keine gegenseitigen Angriffe und Schuldzuweisungen, jetzt muss man gemeinsam gegen die politischen Gegner kämpfen und nicht gegen die eigenen Parteifreunde. Zumal in einer Situation, in der es für die Sozialdemokratie und Peer Steinbrück nicht mehr darum gehen kann, die amtierende Regierungschefin und deren CDU zu überholen. Sondern nur um die Hoffnung, gemeinsam mit den Grünen doch irgendwie noch den Wechsel in Berlin und einen Erfolg über die übermächtig wirkende Angela Merkel zu schaffen.

Das wird allerdings nicht gelingen, wenn sich ausgerechnet die Spitze der Partei gebärdet wie zuletzt, wenn der eine den anderen immer wieder kritisiert und neckt. Wie gesagt: Wenn die engsten Vertrauten nicht zum Kandidaten stehen, wie kann man dann im Ernst erwarten, dass das andere tun, zum Beispiel die Wähler?

Von einem (möglichen) Kanzler erwartet der Wähler Klarheit, Souveränität und ein staatsmännisches Auftreten. Kleine Scharmützel und innerparteiliche Nickligkeiten erwartet er nicht, sie disqualifizieren für ein Amt, in dem es auf Weitblick, Durchsetzungsstärke und vor allem auf die Fähigkeit ankommt, Mehrheiten hinter sich zu versammeln. (Und über das Geschick, Machtspiele außerhalb der öffentlichen Wahrnehmung auszutragen und für sich zu entscheiden ...)

Ausgerechnet Peer Steinbrück, der an sich brillante Rhetoriker und großflächige Denker, wirkte bis in die jüngste Vergangenheit als ein Politiker, der sich im Kleinkarierten und in Nebenschauplätzen verrennt. Das hätte nicht passieren dürfen, und das wäre vielleicht auch nicht passiert, wenn der Kandidat einfach in den vergangenen Wochen und Monaten auf seine Frau gehört hätte. Deren Auftritt beim Parteikonvent war das Beste, was Peer Steinbrück passieren konnte und seit Langem passiert ist. Und damit ist nicht die Szene gemeint, in der ihrem Mann die Worte fehlen und Tränen in den Augen stehen. Dass mag den Politiker menschlicher machen, aber darauf kommt es in der bedeutendsten Rolle des Landes nicht an. Wichtig für den Weg ins Kanzleramt ist das, was Frau Steinbrück zuvor sagte – insbesondere, dass man als Kandidat doch klar sagen muss, was man wie und dass man etwas bewegen will. Diese Klarheit, die sich an den Stärken Steinbrücks orientiert und die sich auf wenige Punkte verdichtet, hat der Strategie der SPD bisher gefehlt. Wahrscheinlich deshalb, weil viele von denen, die sich damit in der Vergangenheit beschäftigt haben, Steinbrück eben nicht so gut kennen wie seine Frau – oder weil sie ihn schlicht nicht verstehen wollen. Womit wir wieder am Anfang wären.

Liebe SPD-Spitze, die Wähler und wohl auch viele der Mitglieder haben endgültig genug davon, dass ihr euch immer und immer mit euch selbst beschäftigt. Das könnt ihr gern nach dem 22. September, dem Termin der Bundestagswahl, wieder machen. Bis dahin werdet ihr eurem grundgesetzlichen Auftrag nur gerecht, wenn ihr euch in großer Geschlossenheit bemüht, ein ernst zu nehmender Gegenentwurf zur amtierenden Regierung zu werden. Viel Zeit dafür ist nicht mehr.