Der Ex-Bürgermeister hält die U 4 für grundfalsch. Zugleich warnte Voscherau vor einem Kahlschlag in Hamburgs Kultur wegen möglicherweise hoher Betriebskosten der Elbphilharmonie.

Hamburg. Hamburgs ehemaliger Erster Bürgermeister Henning Voscherau hat schwere Versäumnisse bei der Konzeption der HafenCity beklagt. In einem Gespräch mit der Zeitschrift "Quartier - Magazin für HafenCity, Speicherstadt und Katharinenviertel" charakterisierte der Sozialdemokrat die Anbindung der HafenCity an die Innenstadt durch eine U-Bahn als "Jahrhundertfehler". Statt einer aufgeständerten Hochbahntrasse sei eine Untergrundbahn gebaut worden, was aus touristischer Sicht ein unglaublicher Verlust für die Stadt sei. Er halte die U-Bahn für "grundfalsch".

Zugleich warnte der Altbürgermeister vor einem Kahlschlag in Hamburgs Kultur wegen möglicherweise hoher Betriebskosten der Elbphilharmonie. Die Kulturszene rief er auf, sich im Kampf um mehr Geld zusammenzutun. "Ich bin ein Anhänger der These, dass die von der Elbphilharmonie unabhängige, aber meines Erachtens gefährdete Hamburger Kulturszene sich jetzt präventiv zusammenschließen und das öffentliche Thema besetzen muss: nicht zulasten der Hamburger Kultur!", sagte Voscherau.

Nach dem letzten Stand der Dinge soll der Bau der Elbphilharmonie 789 Millionen Euro kosten, etwa zehnmal mehr als ganz am Anfang geplant. Unklar ist bislang aber, wie hoch die Kosten für den Unterhalt und den Betrieb des Konzerthauses sein werden. Der Etat der Kulturbehörde liegt in diesem Jahr bei rund 252 Millionen Euro. Das sind etwa drei Prozent des Hamburger Gesamthaushalts. Voscherau fürchtet nun offenbar, dass angesichts klammer öffentlicher Kassen der Etat für bestehende Kultureinrichtungen gekürzt werden könnte, um den Betrieb der Elbphilharmonie zu ermöglichen.

In dem Interview fragt der Sozialdemokrat mit Blick auf das Konzerthaus: "Wie hoch ist der jährlich notwendige Verlustausgleich, und wer bezahlt den? Müssen John Neumeier, die Staatstheater, Isabella Vértes-Schütter, alle Privattheater und unsere Museen die Zeche zahlen?" Der CDU wirft Voscherau vor, sie habe sich während ihrer Regierungszeit vor der Beantwortung dieser Fragen gedrückt.

Voscherau machte zugleich deutlich, dass er sich eine Finanzierung des Betriebes der Elbphilharmonie aus dem laufenden Kulturhaushalt nicht vorstellen könne. Vielmehr müssten Betriebsausgaben für die Elbphilharmonie aus dem allgemeinen Betriebshaushalt bezahlt werden.

Der ehemalige Bürgermeister zweifelt zudem massiv an der Rentabilität des Konzerthauses. "Ich glaube keine Sekunde daran, dass man in Bezug auf klassische Musik die Laeiszhalle und die Elbphilharmonie rentabel bespielen kann." Sicher sei, dass die Stunde der Wahrheit kommen werde. "Für Popkonzerte in der Not mit internationalen Stars ist der Saal in der Elbphilharmonie auf jeden Fall zu klein."

Mit seinem Aufruf an die Kulturszene, im Ringen um den Kulturetat die Reihen zu schließen, bezieht Voscherau zum wiederholten Mal eine Position, die im Rathaus und vor allem in der Finanzbehörde für besondere Aufmerksamkeit sorgen dürfte. So unterstützt Voscherau auch die Volksinitiative für den vollständigen Rückkauf der Energienetze. "Gestaltung, Ausbau und Verantwortung für Einrichtungen der Daseinsvorsorge, ob Wasser oder Energie, müssen demokratisch verantwortet werden und gehören in die öffentliche Hand", hatte der Ex-Bürgermeister vor zweieinhalb Monaten dem Abendblatt gesagt.

Der SPD-Senat unter der Führung von Bürgermeister Olaf Scholz hält hingegen eine vollständige Reprivatisierung der Energienetze, zu der Strom, Fernwärme und Gas gehören, für zu teuer. Der Anteil von 25,1 Prozent, den Hamburg für 543 Millionen Euro erworben hat, sei ausreichend. Am 22. September, dem Tag der Bundestagswahl, können die Hamburgerinnen und Hamburger in einem Volksentscheid darüber befinden, ob die Stadt die Energienetze vollständig zurückkaufen muss. Sollte der Entscheid erfolgreich sein, würde das die Stadt rund 1,5 Milliarden Euro kosten.