Protest gegen neues Gesetz. Frühere Schwerverbrecher fühlen sich in Fuhlsbüttel wie Strafgefangene behandelt. Auf Regierungsseite ist man sich sicher, dass die Anträge keinen Erfolg haben werden.

Hamburg. Die umstrittene Unterbringung von Sicherungsverwahrten in der Justizvollzugsanstalt Fuhlsbüttel sorgt erneut für Wirbel und könnte den Senat vor ein ernstes Problem stellen. Nach Abendblatt-Informationen werden alle in Hamburg untergebrachten Sicherungsverwahrten in diesen Tagen auf "umgehende Freilassung" klagen.

In einem Antrag an die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts, der dem Abendblatt vorliegt, begründet einer der ehemaligen Schwerverbrecher seinen Schritt mit dem neuen Hamburger Gesetz über die Sicherungsverwahrung, das am morgigen 1. Juni in Kraft tritt. Aus Sicht des Mannes ist es nicht mit den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vereinbar. Demnach muss sich die Unterbringung von Sicherungsverwahrten deutlich von der von Strafgefangenen unterscheiden, da sie ihre Strafe bereits verbüßt haben.

Dieses "Abstands- und Trennungsgebot" sieht der Mann in Fuhlsbüttel jedoch in vielerlei Hinsicht verletzt. So seien die bis zu 31 Sicherungsverwahrten in Hamburg "nach wie vor in einer Gefängniszelle mit vergitterten Fenstern und verriegelten Türen" untergebracht, heißt es in dem Antrag. Außerdem sei die Toilette nur optisch vom Wohnraum getrennt, es gebe kein Warmwasser in der Zelle, und während der Sperrzeiten von bis zu 13 Stunden täglich auch keine Dusche oder Kochgelegenheit.

Am schwerwiegendsten dürfte aber das Argument wiegen, dass "der gesamte Tagesablauf im Gefängnis Fuhlsbüttel" dem von Strafgefangenen ähnele oder gar gemeinsam mit diesen erfolge, so der Antragsteller. Daher sei er "unverzüglich" zu entlassen.

Das neue Hamburger Gesetz war erst am 15. Mai von der allein regierenden SPD und der CDU-Opposition beschlossen worden. Grüne, FDP und Linkspartei hatten bis zuletzt dagegen gekämpft, weil sie es für verfassungswidrig halten. Ihre Argumentation wird durch die Anträge auf Freilassung gestützt. "Diese abgestimmte Aktion der Sicherungsverwahrten ist eine Reaktion auf das SPD-Vollzugsgesetz, welches Resozialisierung vorspiegelt und doch nur Wegsperren meint", sagte Farid Müller, Justizexperte der Grünen. "Ich hoffe natürlich, dass die Sicherungsverwahrten nicht auf diesem Weg freikommen, sondern dass die Gerichte den SPD-Senat dazu verpflichten, den Gedanken der Resozialisierung endlich ernst zu nehmen."

Auf Regierungsseite ist man sich hingegen sicher, dass die Anträge keinen Erfolg haben werden. "Es ist das gute Recht eines Sicherungsverwahrten, Anträge zu stellen", sagte Justizbehördensprecher Thomas Baehr. "Aber soweit diese sich auf verfassungsrechtliche Bedenken stützen, sehen wir dem gelassen entgegen." Auch SPD-Justizexperte Urs Tabbert betonte, dass das neue Gesetz die Vorgaben des Verfassungsgerichts punktgenau einhalte. Er verwies zudem auf ein Urteil vom März dieses Jahres: Damals hatte das Hanseatische Oberlandesgericht Anträge eines Sicherungsverwahrten auf eine eigene Dusche, eine eigene Kochnische und ein größeres Zimmer abgelehnt.